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ihnen so wenig gefallen wie ihren hinter diesen Mauern eingeschlossenen Schwestern und Freundinnen. Solchen Gönnern der Frauen gegenüber regen sich allerdings die strenger Gesinnten und erheben sich die Eiferer für Kraft und Ehre der Kirche, die Vertreter der Ordensinteressen, die städtischen Behörden. Es ist ein Streit um Observanz oder Laxheit, der jahrzehntelang das Kloster erschüttert; er greift auf alle möglichen Instanzen über und mengt sich in rein weltliche Kämpfe. Aber die Entschlossenheit zum Besserwerden fehlt, die Reformkraft der Kirche versagt der Opposition gegenüber, und das Ende ist ein Beharren des alten ungeregelten Wesens.

In lebendiger Weise stellt sich uns dies Alles bei St. Klara dar. Das erste Wort sprach hier Papst Nicolaus; vielleicht auf Grund von Mitteilungen oder Klagen der Basler, die 1452 zur Kaiserkrönung nach Rom gekommen waren, gab er am 1. April d. J. den Bischöfen von Konstanz und Basel den Auftrag, in dem verwahrlosten Kloster Ordnung zu schaffen. Aber schon im folgenden Jahre widerrief er dies, wohl irgend einer Einwirkung aus dem Lager der Gegner nachgebend, und kassierte Alles, was Bischof Arnold inzwischen für die Reform getan hatte.

Doch blieb es hiebei nicht. Die Zustände des Klosters waren derart, daß sie gewissenhaften Leuten, die sie aus der Nähe sahen, keine Ruhe ließen. Daher neuerdings der Papst, diesmal Pius II., mit St. Klara zu tun bekam. Ebenso der Konstanzer und der Basler Bischof u. A. m. Laut wurde geklagt, daß die Klarissen ihre Klosterzucht völlig gelockert hätten, ohne Scham sich den Augen der Männer zeigten, unziemlichen Verkehr trieben. Auch der Rat beschäftigte sich damit. Daneben verraten uns die wiederholten Austritte einzelner Klosterfrauen die Kämpfe, die den Konvent zerrütteten. Und trotz Allem kam es wieder nicht zur Reform. Nur außerordentlich starke, uns verborgene Hilfen konnten die Gegner der Observanz zu solchem Triumphe bringen.

Vierzig Jahre später werden wir neuerdings in die Zustände von St. Klara hineingeführt. Diesmal zeigen sich die Insassen deutlich in ihrer Entzweiung. Auf der einen Seite stehen die Priorin Magdalena Sürlin und der Konvent, auf der andern die Äbtisse und der Schaffner Martin Leopart. Dem Letztern wird schlechte Verwaltung vorgeworfen; er selbst nehme zu, indes das Kloster immer tiefer in Schulden versinke; mit der Äbtisse treibe er „Mißhandel und unordentliches Wesen“. So unerträglich sind die Zustände, daß der Rat eingreift. Im Herbste 1503 fordert er den Barfüßerprovinzial Konrad Bondorf auf, zur Sache zu sehen und das Kloster zu reformieren. Bondorf kommt nach Basel und setzt die Äbtisse

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 833. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/312&oldid=- (Version vom 4.8.2020)