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ab, trotz der Verwendung des Herzogs Ulrich von Württemberg; der Rat seinerseits nimmt dem Leopart die Schaffnei, unter Erklärung, daß er sich damit nicht in die innern Angelegenheiten des Klosters einmischen wolle, aber in seiner Eigenschaft als Hüter des Friedens handle. Im Jahre 1504 wollen Bondorf und der Rat zur Reform des Konventes schreiten und gewinnen sechs Klarissen aus dem Bickenkloster Villingen dazu, die Observanz nach Basel zu bringen. Aber nun erhebt sich lauter Protest. Priorin und Konvent wollen sich die Observanz gefallen lassen, aber man solle dafür Schwestern aus Schaffhausen rufen; gegen die aus Villingen und aus andern Klöstern des Auslandes sperren sie sich mit Entschiedenheit. Auch Solothurn und Zürich werden aufmerksam; sie schreiben dem Rate, dem Bischof, dem Provinzial und protestieren in offizieller Weise dagegen, daß man dies Basler und Schweizer Kloster mit fremden Frauen beladen wolle. Ganz unverhüllt tritt der nationale Gegensatz zu Tage, die Universalität der Kirche hat keine Wirkung. Mit groben Scheltworten stellen zwei Solothurner den Helfer des Provinzials im Schaffneihause bei St. Klara zur Rede und drohen, dem Provinzial „die Platte zu spalten“. Wir kennen das Ende des Unternehmens nicht; die Einführung der Villinger Schwestern scheint unterblieben zu sein.


Nun aber die umständlich und lebendig bezeugte Klingentaler Reformsache. Sie zeigt eine solche Unternehmung in vollem Umfang und mit allen denkbaren Zutaten.

Wir sahen die Klingentalerinnen schon in den 1420er Jahren, bei Anlaß der Reform des Predigerklosters, mit Heftigkeit der Observanz widerstehen, und diese Gesinnung änderte sich seitdem nicht. Die üblichen Klagen wurden laut: die Nonnen hielten keine Disziplin, brachen die Klausur, zeigten sich ohne alle Scheu draußen, taten was ihnen gefiel, bis zu Liederlichkeit und Unzucht. Ihre Auffassung von Askese zeigte sich z. B. auch darin, daß sie, weil sie „meist von adeliger Herkunft und zarter Konstitution waren“, die Horen sitzend zu singen begehrten. Schon Nicolaus V. hatte einschreiten wollen; Pius ordnete sodann im Oktober 1459, von Mantua aus, eine Untersuchung an. Ebenso im Mai 1461. Kurz darauf hieß es, daß eine Klingentalerin dem Propst Ner zu St. Peter ein Kind geboren habe. Pius befahl, das verdorbene Kloster zu reformieren, und auch der Rat wurde aufmerksam. Schon das Weinausgeben in diesem Klosterhof mißfiel ihm. Aber auch über den Verfall der Zucht unterhandelte er mit dem Bischof von Konstanz, dem das Kloster seit 1431 unterstand, und verlangte strengere

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 834. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/313&oldid=- (Version vom 4.8.2020)