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durch Konrad von Preußen begonnene, durch Nider geförderte Werk der Ordensreform jetzt, bei seiner höchsten Entwickelung, mit dem ganzen Reichtum örtlicher und persönlicher Beziehungen, sein Zentrum im Basler Konvente fand. Dieser erlebte nach dem längst vergangenen Glanze seiner ersten Zeiten nun eine zweite Blüte. Er war zahlreich; daß er so viele jugendliche Brüder umschloß, gab die schönsten Hoffnungen. Mit reichen Erweisungen wurde das Kloster vom Orden bedacht, 1473 durch Berufung des Generalkapitels nach Basel geehrt.

Und doch, so schön sich dies Alles zusammenfügt, haben wir nicht das volle Gefühl des Lebens. Die Überlieferung ist hiefür zu einseitig. Nur vereinzelt und im Einzelnen klein zeigen sich uns inmitten jener Gesamterscheinung einige anschaulichere Bilder. So das Dasein des Stefan Irmi von Basel, ein normales Mönchsdasein, ganz und gar gerichtet auf die engen monotonen Verrichtungen des Standes; die Klausur, die auch geistig wirkt, auch den innern Menschen einmauert, läßt Irmi auf seinen weiten Reisen nichts sehen und erleben, was außerhalb des Ordens liegt; die Stationen dieser Reisen sind nicht Städte, sondern Konvente. Demgegenüber zeigt uns Ulrich Teillinger ein ganz anderes Mönchsbild. Er war aus Thann gebürtig, fand im Basler Konvent Aufnahme, ging als Diakon nach Rom und wurde von dort durch einen andern Dominikaner mit nach Ungarn genommen. Als Priester kam er nach Basel zurück, wurde von hier nach Graz, 1486 nach Villach geschickt. Da aber wirft er den „heiligen“ Habit von sich und führt wild und frech ein Brigantenleben, bis er 1490 in Brixen festgenommen und gefesselt nach Basel gebracht wird. Aber er weiß sich zu rehabilitieren; 1492 finden wir ihn im Konvente zu Marburg, dessen Prior ihm ein Zeugnis guter Sitten ausstellt und ihn mit solcher Empfehlung nach Italien reisen läßt.


Auch das andre große Mendikantenhaus Basels, das Kloster der Barfüßer, konnte sich in einem durch die Observanz gebesserten Zustande zeigen.

Allerdings bestanden Gegensätze zwischen den beiden Häusern. Sie waren Rivalen und zeigten dies aller Welt. Aber das Gefühl des Gemeinsamen, das diese Mendikanten allen andern Orden voranstellte, bricht doch zuweilen durch: z. B. in der Erklärung der Basler Barfüßer, daß nur fremde Gewalten sie daran gehindert hätten, den Predigern im Klingentalkampfe beizustehen; oder in jener grandiosen Arenga der sixtinischen Bulle vom 26. Juli 1479, in der die beiden Orden verglichen sind mit zwei Seraphimen,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 841. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/320&oldid=- (Version vom 4.8.2020)