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vielen silbernen Schalen und Löffeln an sich genommen habe. Seinerseits sucht der Prior einen Halt an Solothurn. Cluny, dem die Mönche und dann der Rat diese Zustände melden, regt sich lange nicht. Wie endlich seine Gesandten unterwegs sind, will der Rat sie nicht herein lassen, weil sie Angehörige seines Feindes des Königs Franz seien. Ratsdeputierte suchen einen Vergleich zwischen den Parteien zu Stande zu bringen und legen den streitigen Schatz bis auf Weiteres im Fronaltar unter Siegel.


Neben all diesem Verfall und Unfug, der mühevollen Reformarbeit, dem stumpfen oder leidenschaftlichen Widerstande gegen die Observanz erhebt sich das lichte ruhige Bild der Karthause. Dieses Kloster stand da, wie kein andres der Stadt. Was seinen Vorzug hauptsächlich begründete, war seine Jugend, die begeisterte Kraft und erste Liebe, die sein ganzes Wesen merkwürdig bewegte und hob, im Vergleich mit den übrigen Basler Klöstern, die alle alt und zum Teil abgelebte und überreif gewordene Institute waren. Auch bedurfte die Karthause nie einer Reform. Sie besaß die Kraft, mitten im städtischen, von allen Bewegungen der neuen Zeit erfüllten Leben das alte anachoretische Mönchtum festzuhalten.

Aber auch hierüber hinaus gebührt der Niederlassung im Margarethental ein eigener Ruhm. Durch ihre Geschichte geht von Anbeginn ein großer Zug. Wir finden in ihren Zellen eine Reihe der edelsten Persönlichkeiten. Die vertrauten Beziehungen zu Prälaten des Konzils, dann das entschiedene Hinneigen zu den wissenschaftlichen Kreisen der Stadt, die Berührungen mit dem Humanismus, die Freundschaft mit den großen Buchdruckern und Verlegern heben sie über das Niveau des sonstigen Ordensklerus hoch empor.

Dem entspricht, daß die einzigartigen Schilderungen dieses Karthäuserlebens, die wir in den Chroniken der Mönche besitzen, uns einen seltenen Reichtum individuellen Lebens aus nächster Nähe erkennen lassen. Was für prächtige Priorengestalten treten uns entgegen: der Utrechter Albrecht Bur (1432—1439), ganz Leben und Tätigkeit für das Kloster; unter ihm hatte dieses seine großen glänzenden Jahre der Bauten, der Zellengründungen, des Erwerbs zahlreicher Bücher, der Gunst der Fürsten und Konzilsherren. Heinrich Arnolds sodann (1449—1480), der erste Prior der aus dem Konvente selbst hervorging. Vordem ein in allen Geschäften erprobter Praktiker, nun aber völlig abgeklärt, all sein Anliegen auf Gott werfend; eine freundliche Gestalt; Friede und Ruhe die Hauptmerkmale seines Regimentes. Er war beinahe so alt wie die Karthause selbst und hatte noch den großen Johann Gerson von Angesicht gesehen. Ein Verehrer der Maria,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 845. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/324&oldid=- (Version vom 4.8.2020)