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zu denken; ebenso seine Gastlichkeit, bei der nicht immer nur die Ernstesten geladen waren; mehr noch, daß er sich daran gewöhnte, den Konvent zu übergehen und auch wichtige Entscheide selbständig zu treffen, oder daß er die Besuche in den Zellen unterließ, weil ihm der üble Geruch des einen oder andern Bruders zuwider war. Aber wenn ihm die erwünschte Güte fehlte, so besaß er dafür Kraft und eine unverlierbare Feinheit des Wesens. So wurde sein Regiment zu einer Zeit des Gedeihens, in der die stolze, einst die Anfänge der Karthause begleitende Prophezeiung erfüllt zu sein schien. Wenigstens in allem Äußern; das Geistliche schien einigen Gewissenhaften zu kurz zu kommen.


In dieser Zeit zeigen sich nun da und dort auch wieder die Beginen; trotz Anathema und Verbannung sind sie in Basel vorhanden.

Wir vernehmen fast nur von Einzelnen. Sie wohnen hier, sie warten Kranken ab, sie besorgen um Lohn das Beten und Klagen an der Bahre. Heynlin aber schilt sie darum, daß sie gerne wissen möchten, wie das Himmelreich inwendig eingerichtet sei, aber hineinzukommen sich keine Mühe geben. Von einer Organisation, von Samnungen der frühern Art verlautet nichts mehr; nur darauf ist hinzuweisen, daß die Bewohnerinnen der nahen Landklöster und Klausen (Schauenburg Engental Rothaus) zuweilen Beginen heißen. Aber der Anschluß an die Mendikanten zeigt sich auch jetzt noch. Sogar von eigentlichen Tertiariern ist wieder die Rede; auf Verlangen der Barfüßer schreiten die Päpste Pius II. u. ff. dagegen ein, daß die alten beginenfeindlichen Gesetze auf diese Basler Tertiarier angewendet werden.


Rings um die Klöster wogt der freie allgegenwärtige Weltklerus. Auch er sündigt durch viele Laster, durch Leichtsinn und Nachlässigkeit. Was vor fünfzig Jahren Mulberg an ihm auszusetzen hatte, wird in der Hauptsache auch jetzt noch getadelt.

Der Zustand dieses Klerus, seine Disziplin und seine Sittlichkeit sind zu jeder Zeit von hoher Bedeutung. Denn der Weltgeistliche vertritt die Kirche durch alle Schichten hindurch und an jedem Orte; was er leistet, ist ihr Werk; was er sündigt, steht als Schmach der Kirche weit mehr vor Aller Augen als die gleiche Verfehlung des Mönchs oder der Nonne.

Es handelt sich dabei um arge Dinge; um Pflichtversäumnis Ungehorsam Ausgelassenheit, unwürdiges Benehmen in Spiel Streit Völlerei, um Gier, um Unzucht und Ehebruch. Das Vorhandensein solchen Wesens im Klerus ist die Voraussetzung der Regenerationsmühen. Es ruft den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 847. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/326&oldid=- (Version vom 4.8.2020)