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einzelnen Priesters nach der Lehre der Kirche die übernatürliche Gewalt nicht verminderte, die ihm als Vermittler der göttlichen Wahrheit und Gnade zukam, so schändete doch eine jede Vergehung, ob sie beim Klostervolk oder beim Weltklerus vorkam, den ganzen Stand und konnte ohne Weiteres zu einer Beurteilung dieses Standes im Allgemeinen verleiten. Aber wir ziehen auch die sittliche Haltung der ganzen Zeit in Betracht, und vollends ist auf das widerliche, geradezu frivol laxe Verhalten der Kirche selbst hinzuweisen, die gegen den priesterlichen Konkubinarier nicht anders einzuschreiten wußte, als dadurch, daß sie eine Geldbuße von ihm erhob, die wie eine Konzessionsgebühr aussah, ja daß sie sogar den Betrag dieser Buße gelegentlich mit ihm verabredete.

Freilich, wie die Klagen über allgemeine Verderbnis zuweilen ganz formelhaft klingen, so geschieht dies auch bei gegenteiligen Äußerungen. In jeder Richtung also sehen wir uns bei der Zufälligkeit und oft starken Einseitigkeit der Überlieferung zu behutsamem Urteilen genötigt.

Um so entschiedener wenden wir uns einigen wenigen Gestalten zu, die sich aus der oft trüben Masse herausheben.

Zunächst sind dies billigermaßen die Bischöfe. In der Absicht, den Zugang zum geistlichen Stande zu erschweren, formulieren sie dementsprechend die Requisite von Alter Sitten Bildung Vermögen. Bischof Caspar gibt hiefür genaue Vorschriften, und sein Nachfolger Christoph wiederholt diese durch sein Rundschreiben vom 11. September 1503. Ihn quält, daß einst das Blut der seiner Leitung Anvertrauten von ihm werde gefordert werden, und mit allen Mitteln sucht er Unwürdigen den Weg zum Altare zu sperren; Gott sei willkommener, wenige fromme Priester zu haben als zahlreiche, die in Sünden leben. Was er hier kurz empfiehlt, findet dann eine reiche Ausgestaltung durch die Statuten vom Oktober 1503, in denen Christoph mit einer auch uns noch ergreifenden Fülle der Liebe und des Ernstes ein auserwähltes Priestertum für seine Kirche zu schaffen sucht.

Von gelehrten Klerikern sodann, Zierden ihres Standes in dieser Periode, ist wiederholt die Rede gewesen.

Auch beachten wir einige Donatoren. So die eifrigen Münsterkapläne Johann Herborn und Peter Brun, die eine besonders feierliche Begehung gewisser Feste stiften. Ein andrer Domkaplan, Johann David, wirkt nach allen Seiten hin mit überraschend reichen Mitteln. Die Karthäuser verehren ihn als den Haupthelfer beim Bau des Hauses für Laienbrüder und Gäste 1495, die Gnadentalerinnen als ihren „getreuen Vater“; zu St. Leonhard sichert er sein Andenken durch große Schenkungen 1490 und 1491.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 849. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/328&oldid=- (Version vom 4.8.2020)