Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/331

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nur Burgunderkrieg und Schwabenkrieg scheinen Pausen zu geben. Sonst bringt jeder Moment seinen Anspruch und seine Schöpfung; das während dieses halben Jahrhunderts ununterbrochen und zum Teil mit den reichsten Kräften und Mitteln Geleistete steht als ein unvergleichbares Ganzes vor uns. Aus der hier unmöglich darstellbaren Fülle dieses Lebens tritt Einzelnes bedeutsam hervor: vor Allem das tatsächliche Bedürfnis und der jetzt mächtig gestiegene Maßstab seiner Befriedigung. Mehr als je scheinen zu gelten der Glanz und Zauber kirchlichen Wesens. Lebendig zeigt sich der Wetteifer der verschiedenen Körperschaften: Karthause und Klingental führen gleichzeitig 1500 f. große Erweiterungsbauten aus; dem grandiosen Altarwerke der Prediger 1503—1505 antworten die Frauen an den Steinen mit einem ähnlichen 1514—1518; wie bei den Augustinern 1512, so 1516 zu St. Peter wird am Lettner die Passionsgeschichte in sechzehn Bildern gemalt. Zu dem Allem kann treten die persönliche Neigung eines einzelnen Klostervorstehers, am deutlichsten für uns erkennbar in der Tätigkeit des Karthäuserpriors Hieronymus Zscheckabürlin. Hintergrund und Voraussetzung des Ganzen aber ist das der Zeit eigene technische und künstlerische Vermögen.

Auf diese Weise entstehen Bilder von merkwürdigem Reize: Klingental mit den verborgenen Schätzen seiner Gemälde im Nonnenkirchhof; die subtile Sinnlichkeit in den reichgeschmückten Räumen der Karthause, dieses Ortes der Entsagung und der tiefen Kontemplation. Fast weltlich schön und freudevoll ist dem gegenüber das in wenige Jahrzehnte zusammengedrängte Werk der Ausschmückung zu St. Peter; Prunklust Freigebigkeit Kunst konzentrieren sich hier in einer Leistung, die Alles umfaßt: Gestühle Altäre Kapelle Lettner Orgel und Taufstein, Sonnenuhren an den Sakristeien, Wandgemälde in der Treßkammer, eine große strahlende Garderobe mit Prunkstücken aus der Burgunderbeute und kostbaren Gaben der Geschlechter Offenburg von Laufen von Brunn usw. Anderer Art zeigt sich das Bauunternehmen zu St. Leonhard 1489 f., wo das Bedürfnis eines größern Predigtraumes zum Neubau drängt; es ist von geschichtlicher Bedeutung, daß, nachdem das erste kirchliche Gebäude der ganzen uns beschäftigenden Periode ein Mönchschor, zu Barfüßern, gewesen, nun ihr letztes eine Laienkirche ist und daß dieses Verlangen durch einen Bau erfüllt wird, den eine neue Art von Raumgefühl schafft. Am Münster endlich wird 1488 der Kreuzgang vollendet und der Weiterbau des Martinsturmes unternommen, 1500 dieser Turm zu Ende gebracht. Damit ist das große Werk des Basler Münsterbaues geschlossen, das vor Jahrhunderten begonnen und das Werden Basels

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 852. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/331&oldid=- (Version vom 4.8.2020)