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begleitet hat, das ein Zentrum technischer und künstlerischer Leistung, ein Unternehmen von viel höherer als lokaler Bedeutung, ein Lebensinteresse für den ganzen Oberrhein gewesen ist.

Der unübersehbare Reichtum an Gerät, dessen sich in diesen Räumen der Kultus bedient, ist beinah nur in Inventaren festgehalten. Aber auch diese monotonen Verzeichnisse haben ihren Glanz; sie geben die Vorstellung eines Wünschens, das unersättlich, und eines Könnens, das allmächtig ist.

Derselbe Geist, dem all dies Äußere nicht zu weit und nicht zu schön sein kann, formt demgemäß auch das darin waltende Leben.

Daher jetzt allenthalben die Vorschriften über würdiges Benehmen im Chor. 1477 erhält das Münster eine Ordnung, welche die gewaltige Masse seiner gottesdienstlichen Verrichtungen regelt und zugleich noch vermehrt. Heynlin verfaßt seine Schrift über die Zelebration der Messe; Traktate Laubers und Surgants bekunden in gleicher Weise den neuerwachten Ernst in der Auffassung des Altardienstes, in der Verwaltung der Eucharistie; eine ebenfalls zu jener Zeit in Basel verfaßte und veröffentlichte deutsche Vorbereitung zum Empfange des Altarsakramentes „athmet den Geist der reinsten und edelsten Mystik.“

Während der Kultus, geistvoll und künstlerisch gestaltet, in den Statuten Bischof Christophs nur der Hauptsache nach dargelegt ist, schildert ihn 1517 der Domkaplan Brilinger eingehend in dem Werke, das er dem weitberühmten Zeremonienschatze der Basler Kathedrale widmet. Mit Stolz und Andacht breitet er hier in letzter Stunde, ehe die alte Zeit zu Ende geht, den ganzen Reichtum dieser Formenwelt aus.

Einer ihrer glänzendsten Teile sind die Prozessionen; diese Art gottesdienstlicher Feier wird jetzt mit Beflissenheit gepflegt. Einzelne Stiftungen und Ordnungen gelten ihr speziell; erstaunlich viel wird in diesen Jahren prozessioniert, zum Teil auf Grund sorgfältiger Abreden des Domkapitels mit dem Rate, wobei Volk und Klerus in Gruppen eingeteilt und sodann diese Züge gleichzeitig und sich kreuzend durch die Stadt und ihre Umgebung geführt werden. Einsprachen von Männern wie Heynlin gegen die leere Äußerlichkeit solchen Pompes bleiben ohne Wirkung.

Auch Alles, was Kirchenmusik heißt, erfährt jetzt eine Steigerung. Durch Abfassung und Veröffentlichung von Chorwerken, durch Pflege des Gesanges, Verbesserung der Organistenstellen, durch den Bau neuer, jedenfalls größerer und klangvollerer Orgeln. Orgelspieler und Singmeister Basels bewähren auch im Auslande den Ruhm ihrer Heimat: Caspar Reuter in Bern, Hans von Basel der Figurist in Konstanz, und Andere.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 853. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/332&oldid=- (Version vom 4.8.2020)