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die ganze Diözese. Ja über diese hinaus, sodaß schon 1465 der Konstanzer Bischof allen Gläubigen seines Bistums, nicht nur den Kleinbaslern, die der Predigt im Münster zu Basel beiwohnen, Ablaß verheißt.

Deutlich aber ist die in Basel selbst von dieser Dompredikatur ausgehende Anregung. Das Stipendium der Lostorfin 1467 gibt dem Domprediger einen Helfer; 1507 schafft sich auch das Petersstift eine eigene Predikatur neben Pleban und Glöckner; und im gleichen Jahre stiftet der Kleinbasler Schultheiß Holzach in der St. Niklauskapelle eine Predikatur wenigstens für die Adventszeit.

Als einen Kämpfer schildert Heynlin den Prediger. Er streitet mit dem Bösen um die Seelen der ihm Anvertrauten; er soll die Wahrheit lehren und zu guten Werken bewegen; er mahnt und straft und warnt vor dem nahen Tage des Gerichtes. Mehr als alles Andere, sagt Surgant, trägt die Predigt zur Bekehrung des Menschen bei; sie vornehmlich bewirkt, daß der Sünder sich zur Buße wendet. Die lauten Klagen auf allen Kanzeln über Ehebruch und Unzucht z. B. sind es, die den Rat zu seinen Maßregeln nötigen. Aber auch hinab zu gewöhnlichen Dingen steigen zuweilen die Prediger, zur Tagespolitik, zu Stadtangelegenheiten, zum Streite der Mendikanten und des Weltklerus; die Verdächtigungen der Amtsführung des Spitalmeisters Langental werden bis auf die Kanzeln zu Barfüßern und im Münster geschleppt und hier vor allem Volke durchgehandelt u. dgl. Die ordentliche Predigt ist deutsch; auch das Gebet des Herrn, den englischen Gruß, das Glaubensbekenntnis, die zehn Gebote hat der Prediger deutsch zu sprechen; des Lateins soll er sich nur bedienen, wenn er den Klerus rügt.

Während zwischenhinein etwa ein fremder gewaltiger Redner sich aufregend vernehmen läßt — wie im Juni 1465 jener berühmte Doktor aller Fakultäten aus Neapel, des gleichen nicht in mundo ist —, geht von all den Kanzeln der Kirchen und Klöster Sonntag um Sonntag und in Festzeiten täglich eine Wirkung aus.

Wesen und Wert dieser Wirkung ruht aber auf der persönlichen Gewalt des Predigers, und wir sehen uns nach den Männern um, die damals hier nebeneinander in solcher Weise tätig waren.

Auf den gefeierten Minoriten Johann Gritsch, der nicht mehr persönlich aber durch seine jetzt viel gedruckten Fastenpredigten wirkt, folgen zwei Brüder desselben Konventes: Johann Meder und Franz Wiler; Dieser als egregius predicator gepriesen, Jener berühmt durch die in Dialogform durchgeführten Fastenpredigten über den verlornen Sohn, die er 1494 hier hält und im folgenden Jahre durch den Druck veröffentlicht. Bei den Dominikanern

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 856. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/335&oldid=- (Version vom 4.8.2020)