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curatorum — ein Lehrbuch der Homiletik mit wertvoller Darstellung der pfarrlichen Amtsverrichtungen — und das für Studium und Studentenleben guten Rat gebende regimen studiosorum Dokumente seines Wesens. Überall tritt die Überzeugung von Wert und Herrlichkeit des Predigtamtes und ein außerordentlich starkes Gefühl für alle Kultusdinge zu Tage, dazu ein auffallender Ordnungssinn und Geschäftsverstand. Dieser führt Surgant zur Anlegung nicht nur des liber conclusionum der Universität, sondern auch eines Taufbuches seiner Gemeinde. Sein Verhältnis zu dieser Gemeinde ist das Entscheidende, nichts sprechender als ihr Zustand in den Jahrzehnten von Surgants Regiment. Sein Wille scheint Alles zu lenken, auf seine Anregung Alles zurückzugehen in einem Gemeindeleben, das, seiner Sondergewohnheiten und Sonderrechte bewußt, im richtigen Moment unter die Macht eines Mannes wie Surgant gerät und nun von ihm zu einer eigenartig starken Ausbildung des Devotionellen erzogen wird. Das Verhalten der Kleinbasler im Reformationskampf ist hiedurch vorausbestimmt.


Aber die Kirche verfügt noch über andre Mittel und Kräfte.

Vor Allem erweitert sie, „unter weltkluger Leute Anordnung und leichtgläubiger Blinder Annehmen“, das Gebiet der Andacht unaufhörlich durch Hinzufügung neuer Heiliger, deren Jeder seine eigene Art von Verehrung, seinen eigenen Beruf, seinen eigenen Kreis von Anhängern hat. Der Bestand des Basler Kalenders an Festen wächst vor unsern Augen; wie das Jenseits immer bewegter und an Gestalten reicher wird, ist ein Gegenstück zum Prunke und zur zunehmenden Versinnlichung des zeitlichen Kirchenlebens.

Kulte bisher wenig beachteter Heiliger wie des Rochus, des Sebastian, des Apollinaris, des Yvo, des Nährvaters Joseph, der Großmutter Anna, treten jetzt in den Vordergrund und werden geübt mit einer Hingebung, als handelte es sich um neugewonnene, bisher verschlossen gewesene Glückseligkeiten. Neben allgemein wirkende Heilige treten persönliche Nothelfer, treten Hauspatrone einzelner Stifter oder Klöster, ja des Bistums.

Klingental, der Jungfrau Maria geweiht, hat außerdem seinen speziellen Kult der Euphrosyne. Die Karthaus ist in der Ehre der heiligen Margaretha „intituliert“ und begeht ihr Fest mit hohem Glanze; aber neben diese Hausheilige tritt mit seinen Ansprüchen der große Ordensstifter Bruno; Bilder voll seliger Anmut erzählen an der Kreuzgangwand seine Geschichte. Richard und Hugo von St. Victor und Bischof Yvo von Chartres sind die im reformierten Leonhardskloster gefeierten Heiligen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 858. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/337&oldid=- (Version vom 4.8.2020)