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dem Heranwachsen neuer Kulte entstehen auch neue Verbände, die zahlreichen alten in den Schatten stellend durch ein unverbrauchtes Interesse, durch eine frisch erregte und zu Allem bereite Devotion. Marienbruderschaften bestehen seit Langem beim Münster, bei den Barfüßern usw.; aber im Mittelpunkt eines spezifisch marianisch gerichteten Kreises und als kondensierteste Form des Mariendienstes entsteht jetzt 1475 oder 1476 beim Predigerkloster die Rosenkranzbruderschaft. Basel erhält jetzt auch, gleich andern Städten, seine Sebastiansbruderschaft. Die Kulte der Heiligen Anna und Rochus sprechen sich sofort in der Gründung von Bruderschaften aus.

Im Jahre 1480 erhält beim Leonhardsstift die Elendenbruderschaft in der Ehre des hl. Jacobus eine neue Organisation. Was sie leistet, ist das Übliche in der gegenseitigen Fürsorge der Brüder bei Leibesnot, für Begräbnis und Seelenheil; aber hier ist diese Fürsorge um so wichtiger, da sie den Fremden und Heimatlosen zu Teil wird, insoweit sie der Bruderschaft angehören. Das sind „die Brüder am Graben, die Brüder auf dem Berg“ d. h. die Bewohner des Kohlenbergs, die fahrenden Leute, von denen schon die Rede gewesen. Neben ihnen gehören zum Verband auch Andre: Geistliche und Weltliche, Edle und Unedle, Reiche und Arme; das sind die „Brüder der Stadt Basel“. Als die Angesessenen, die Berechtigten und Gesicherten, oft die Begüterten sorgen sie in dieser Form für die „Elenden“. Beide Gruppen zusammen aber bilden die Bruderschaft; jährlich am St. Jacobstage, dem Tage der Kohlenbergkilbe, hat diese ihre durch ein Kammerrecht geordnete Versammlung; sie besitzt Haus und Stube auf dem Kohlenberg.

Vor dem Beispiele der Neugründungen suchen sich auch andre bejahrte Bruderschaften wieder zu verjüngen. Es kommt 1437 zur Erneuerung der Lucasbruderschaft, 1489 zur neuen „Fundation“ der Wolfgangbruderschaft, 1492 zu einer neuen Ordnung der Schildknechte, 1497 zur Reformation der Steinmetzenbruderschaft. Hieher gehört auch der von den Basler Hufschmieden mit dem Domkapitel 1488 geschlossene Vertrag, wonach die Opfer, die von den Fuhrleuten für Hilfe bei Krankheiten der Pferde und andern schweren Nöten und von den Hufschmieden beim ersten Beschlag von Pferden bisher an die St. Eligiuskirche „im Westerrich“ geschickt worden, von nun an dem Altar dieses Heiligen im Münster zufallen sollen.


Auf einen Altar, einen Kultus konzentriert sich das Leben der Bruderschaft. In ähnlicher Weise wirkt die Kraft eines ausschließlich geltenden Zieles bei Allem, was Wallfahrt heißt. Die Frömmigkeit zeigt sich hier

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 861. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/340&oldid=- (Version vom 4.8.2020)