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vorher die Konzilsidee beinahe Wirklichkeit erlangt hatte und zwar in demselben Basel, wo der Hall der letzten Reden und Tritte des großen Parlamentes noch kaum erstorben war.

Die Erinnerung an dieses Basler Konzil und die Annahme, daß es sich lediglich um ein Fortsetzen seiner Arbeit handle, wirkte wie eine Suggestion. Aber auch abgesehen von diesen Reminiszenzen waren es die Eigenart und die unvergleichliche Lage der Stadt, die auch jetzt wieder die Konzilsmöglichkeit nur an diesem einen Orte finden ließ. Und wie waren dessen Wert und Ruhm noch gewachsen durch die seitdem eröffnete Universität!

Als Verkündiger des neuen Basler Konzils trat der Slawe Andreas Zamometiç auf, Titularerzbischof von Granea unweit Saloniki, in den Akten der Zeit Erzbischof von Krain, Crainensis, geheißen. Daneben nannte er sich Kardinal von San Sisto, sowie Fürsten des Reiches und kaiserlichen Rat und Gesandten.

Im Glanze dieser Würden erschien er hier, geheimnisvoll und plötzlich, auf seinen Lippen das Allen willkommene Zauberwort Konzil. Er proklamierte dies Konzil am 25. März 1482 an der feierlichsten Stätte Basels, im Chore des Münsters, nach vollbrachtem Hochamt. In Gegenwart zahlreichen Volkes, aber noch ohne Wissen des Rates. Dieser erhielt erst folgenden Tags durch Andreas offizielle Mitteilung von dem Vorhaben.

Der Konzilsverkündiger würde zu allen Zeiten eine mit Arbeit und Sorge schwer belastete Stadtbehörde vorgefunden haben; jetzt traf er in eine der schlimmsten Krisen. Die Händel mit Eptingen und Tierstein, die Münchensteiner Gefahr, die Aufregungen des Klingentaler Reformationsgeschäftes hielten den Rat in Atem. Trotz den durch Alles hindurchgehenden innern Unruhen der Republik, den unaufhörlichen Erschütterungen des Ratsbestandes, den wirtschaftlichen und politischen Parteiungen mußte der gewaltige Kampf mit Bischof Caspar um die Herrschaft ausgefochten werden, und einer Katastrophe gleich brach gerade in diesen Wochen die Kunde vom Bischoffischen Komplott über die Herren des Regimentes herein. Bei solchen Zuständen ist begreiflich, daß zunächst von Seiten des Rates nichts Bestimmtes in der Sache des Andreas geschah. Vielleicht nahm er, durch so manchen im Laufe der Jahre an seine Türe klopfenden Abenteurer mißtrauisch gemacht, zunächst diesen Fremden nicht sehr ernst, der so unvermittelt den riskierten Plan eines Konzils brachte und mit bösen Reden über Papst und Kurie wohl schon jetzt nicht zurückhielt. Der Rat ließ ihn einstweilen gewähren, zog aber Erkundigungen ein und korrespondierte namentlich mit Bern, wohin sich Andreas in diesen Tagen ebenfalls begeben

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 875. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/354&oldid=- (Version vom 4.8.2020)