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seiner Vielzünftigkeit, wird Ratsherr und zuletzt Oberstzunftmeister. Und nun sollen zu diesem mühsam erarbeiteten Reichtum auch Glanz und Hoheit kommen. Hans Ulrich, des Hans Sohn, ist auf dem Weg, ein Geistlicher zu werden; da nimmt ihn der Vater aus der Schule und kauft ihm einen Hengst, damit er ein Ritter werde. Aber das Krämerblut ist im Jungen mächtiger; er betreibt mit dem Roß einen Holzhandel. Nun führt ihn der Vater zu den „mutwilligen Gassenjunkern“, unter deren Anleitung er bei Wein Spiel und Dirnen die edle Lebensart lernen soll. Auch das ist dem Hans Ulrich zuwider, und auch der vom Vater ihm aufgezwungenen Ehe mit Katharina Bischoff entzieht er sich. Aus Überdruß wird er liederlich und schlecht und kommt ins Gefängnis; zuletzt ist er Trabant des Grafen Heinrich von Fürstenberg und findet neben ihm den Tod auf dem Dornacher Schlachtfelde, wird von den Schweizern „ritter-zu-tot“ geschlagen, 1499.

In solchen Figuren tritt uns dieser Kreis nahe. Durchweg empfinden wir das Unbestimmte und Unklare seines durch so verschiedene Tendenzen erregten Wesens. Vom Einen kann er als reiche und starke Zünftlergesellschaft, vom Andern als eine Geldaristokratie, als ein neues Patriziat, als ein der Zeit gemäßer Erbe der Hohen Stube gewertet werden. Dem entspricht aber auch der Spott wie der Unwille, dem er von beiden Seiten her ausgesetzt ist. Mit aller Bestimmtheit lehnt Peter von Andlau die Möglichkeit einer Nobilitierung von Handeltreibenden ab, während Sebastian Brant sich über Den lustig macht, der Bürger und Kaufmann ist, aber adlig und der Ritter Genosse sein möchte. Weil die Achtbürger turnieren, gelüstet auch den reichen Zünftler nach diesem Vergnügen, und es kann zu Szenen kommen gleich jener widerlichen, da der Löwenwirt Rieher und der Tuchmann Hans von Landau ein Lanzenrennen auf dem Münsterplatze veranstalten, aber dabei bald aus der Rolle fallen und statt des Turnierens eine ordinäre Rauferei zum Besten geben; sie fassen einander am Kragen und wollen sich aus den Sätteln ziehen, die Rosse werden scheu, brechen in die Zuschauer und treten da einen armen alten Pfründer zu Tode.


In der Gesamtheit der Städter machen sich neben Adligen Achtbürgern Kaufherren und über die mächtige Zunftgemeinde hinaus noch die Zunftlosen geltend. Und jetzt gerade noch mehr als früher.

Wie Alles lebendiger beachtet und gewertet zu sein und stärker zu wirken scheint, so auch die Situation Basels. „An den Grenzen Deutschlands Burgunds Frankreichs Savoyens und Italiens ist die Stadt gelegen“, heißt es bei der Gründung ihrer Universität. Mitten in der Welt

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 906. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/385&oldid=- (Version vom 4.8.2020)