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daß die geistige und künstlerische Größe Basels in diesen wunderbaren Jahrzehnten zum guten Teil auf Leistungen von Eingewanderten, nicht von Autochthonen ruhte. Ganz universaler Art war die Kraft der Zeit, die auf Basel eindrang und diese kleine örtliche Existenz an jedem Punkt ihres Gefüges traf.


Ein Basler, der nach langem Fernesein jetzt zurückkehrte, fand eine veränderte Heimat. Was Valerius Anshelm später in der Eidgenossenschaft wahrnahm, die Fülle neuer Sitten und Bräuche, zeigte sich in Basel schon jetzt.

Die Bevölkerung, die Gasse, das Haus dieser Zeit stehen in den Bildern der Bergmanschen Publikationen — Ritter vom Turn Narrenschiff — und in den Zeichnungen zum Terenz vor uns. Reicher mannigfaltiger in vielen schriftlichen Zeugnissen. Wir sehen das gesamte Dasein, gehoben und gesteigert, mächtiger und bewegter als je, aber auch komplizierter und unstäter; einem verfeinerten Empfinden entsprechen stärkere Wünsche und Bedürfnisse.

Enea Silvio hat einst mit Verwunderung die ernste Schlichtheit im Auftreten der Basler kennen gelernt. Nur wenige Adlige hat er in Farben gehen sehen; auch an den Frauen ist ihm keine andre Eitelkeit begegnet, als die Sorge für Fülle des Busens und zierliche Kleinheit der Füße. Jetzt sieht man hier Kleider in leuchtenden Farben, mit eingewirktem oder aufgenähtem Zierrat, üppig in Form und Schnitt; allenthalben Silber Gold Perlen und Schmuck jeder Art, kostbares Pelzwerk, Seide Samt usw. Pellikan erzählt, daß diese Moden aus der Fremde hereingekommen seien; bald ist es die burgundische Tracht, bald eine andre; die jungen Murer brüsten sich in „ungrischen kleidern“, u. s. f. Während der Rat in seinen Mandaten solche Pracht verbietet, Brant und Geiler die Ziernarren und Spiegelnarren und weibischen Männer verspotten, haben die Schneider unaufhörlich für diese zu arbeiten; Barettmacher und Hosenstricker werden zu vielbeschäftigten Handwerkern; bis ins Kleine hinab dringen die Neuerungen; unter den Geräten des Komforts, die sich erst seit dieser Zeit in den Inventaren zeigen, sind auch Pantoffeln und Kleiderbürsten.

Anschaulich legen überhaupt diese Inventare die Dinge vor uns hin und geben die Möglichkeit des Vergleichens mit früheren Zeiten. Die Stelle der alten großen Behänge, der Teppiche und Banktücher ist nun eingenommen durch zahlreiche kleinere Stücke. Die Wände sind geschmückt mit Gemälden Kalendern Spiegeln. Trinkgläser kommen auf; der alte Reichtum

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 908. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/387&oldid=- (Version vom 4.8.2020)