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Meinung und findet gut, auch das Bier zu versiegeln und zu besteuern. Von da an ist das Bierungeld eine regelmäßige Einnahme der Stadt.

Wie sehr die ganze Lebenshaltung sich hebt, werden wir auf jedem Gebiet inne. Das Alte befriedigt nicht mehr durch seine Ehrwürdigkeit. So richten sich z. B. die Zünfte auf neuem Fuß ein. In den Speisezetteln ihrer Mahlzeiten stellen sie zum Derben und Massigen nun auch das Leckere Feine; sie mehren ihre Silberkammern durch die Festsetzung eines Obligatoriums für Sechserbecher und lassen einzelne ihrer alten Hauptstücke durch Vergoldung und Schmelzwerk schöner machen; dem Schlüssel muß der erste Architekt Basels einen Prunkbau aufführen; in den 1450er Jahren wenden die Schmiede große Summen auf ihr Zunfthaus.

Auch in der außerordentlichen Stärke kirchlicher Bau- und Dekorationstätigkeit dieser Jahrzehnte wirken nicht nur Devotion sowie kirchliches Machtgefühl; es treiben auch der Wunsch, Andre zu übertreffen, und das allgemeine Verlangen nach Schönheit Form und Pracht.

Gerne wüßten wir auch vom Privatbau Bestimmtes. Der Engelhof Eberlers und die Arrondierung der Pfauenliegenschaft durch Zscheckabürlin zeigen, was auf diesem Gebiete geschieht. Für das Verfahren des Zusammenlegens und einheitlichen Überbauens einer Mehrzahl von Hausstellen finden sich zahlreiche Beispiele, frappant namentlich am Nadelberg und an der Untern Freiestraße. Das Bedürfnis neuer schöner Räume, dazu oft auch der Wunsch, sich einen Namen zu machen, beherrschen den Bauherrn, und der Hohn Geilers über die Baunarren, deren Narrheit das edificare multa magna sumptuosa delectabilia ist, trifft auch die Basler. Von der oft glänzenden Ausstattung dieser Räume zeugen die Teilrödel, die schon erwähnten Inventare u. dgl. m.; die privaten Badstuben, die Hauskapellen und die Hausaltäre, von denen jetzt hie und da die Rede ist, sind vielleicht ein neuer Brauch. Draußen vor der Stadt aber gesellt sich nun der Burg und dem Wasserschlosse das behaglichere Landhaus mit der Gartenlust.

Zu den neuen Schönheiten des Lebens scheint auch die Musik zu gehören. Doch handelt es sich hiebei für uns nicht um die alte Berufsmusik der Spielleute und der vornehmern Virtuosen, sondern um das dilettantische Musizieren. In diesem Bereich ist die völlig freie Freude und Arbeit im Spiele des Einzelnen wie in der gemeinsamen Hausmusik eine neue Kraft persönlicher Kultur. Während der Dominikaner Stefan Irmi und der Minorit Franz Wiler Musiktheorie treiben und an der Universität Michael Kainspeck aus Nürnberg, dann Balthasar Prasperg aus Meersburg Musik dozieren und Kompendien veröffentlichen, spielen zu

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 910. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/389&oldid=- (Version vom 4.8.2020)