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St. Peter die Chorherren Augustin Alantsee die Laute und Diebold Westhofer die Pfeife, zu St. Alban aber der Leutpriester Meyer das Trumscheit. Jetzt bläst Hans Bernhard von Eptingen die Doppelflöte, und der Maler Antoni bringt seiner Schönen eine Serenade auf dem Hackbrett. Dieselbe Zeit, in der auch die Kirche das Musizieren stärker betreibt, Gesangbücher drucken läßt und neue Orgeln aufstellt, zeigt uns in zahlreichen Inventaren das musikalische Leben des Bürgerhauses; dessen Instrumente sind Laute Pfeife Harfe Portativorgel Clavicord usw.

Es sind dies lauter kleine und vereinzelte Nachrichten. Aber sie bezeugen eine private persönliche Musikliebhaberei. Sie erinnern an die allgemeine geistige Entwickelung, die uns jetzt immer deutlicher und ausgedehnter eine Laienbildung erkennen läßt.


Dieselbe Kraft, die in solcher Weise Lebensstimmung und Lebensführung umzugestalten vermag, ist vor unsern erstaunten Augen auch sonst überall am Werke: im individualistischen Wesen der Kaufherrei, der Handelsgesellschaft, der Monopole, das sich den Massenordnungen von Stadt- und Zunftwirtschaft gegenüberstellt; ebenso in einem neuen Regierungsgefühl, in sozialen Bewegungen, im Verhältnis zu kirchlicher Macht und Lehre, in einer veränderten Wertung und Richtung der bildenden Kunst. Bedeutsam insbesondere, zugleich mit dem Verjüngen gelehrten Wesens und höherer Geistigkeit, in der Steigerung des Bildungsbedürfnisses überhaupt.

Hiebei kommt wieder die damals entstehende Buchdruckkunst und ihr ungeheurer Einfluß auf Menschen und Institutionen in Betracht. In einer bis dahin unmöglich gewesenen Weise kann jetzt der Einzelne auf die Gesamtheit einwirken; zum Prediger Volksredner Anführer treten der Dichter, der gelehrte und der populäre Schriftsteller. Ihre persönliche Macht in Wissen und Können, Zahllose zugleich ergreifend, ist im Stande, neue Elemente der Bildung, neue Erkenntnisse und Anschauungen zu verbreiten.

Der Zustand einer verbreiteteren Bildung aber, zu dessen Schaffung eben diese Buchdruckkunst so wesentlich mithilft, hat hier seine eigenartige Umgebung. Indem jene gedruckten Werke den Namen Basels weit hinaustragen, erinnern sie wieder an die Überlegenheit der Gelehrtenstadt Basel. Die Universitäten Heidelberg Freiburg Tübingen mochten durch Fürsten gestützt sein; aber ihnen fehlte die Kraft und Fülle eines sie umgebenden großen städtischen Lebens und fehlte überdies ein entwickeltes Buchdruckergewerbe. Straßburg Augsburg Nürnberg hatten ihre Patrizier und ihre Pressen, aber keine Universität. Basel kombinierte Alles.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 911. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/390&oldid=- (Version vom 4.8.2020)