Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/396

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nahe bei Offenburg steht der Verfasser der Aufzeichnungen von 1445, wohl einer der damals aus dem Rate gestoßenen Herren selbst. Nur ist das Werk nicht auch als Plaidoyer gedacht. Es will nur die von Haß und Gewalt erfüllte Episode als ein interessantes Erlebnis für die Erinnerung festhalten, und dies vollbringt der Autor mit einer stolzen, jede heftige Äußerung verachtenden Ruhe, die gerade deswegen von starker Wirkung ist.

Wie diese beiden Patrizier auf ausgezeichnete Weise, so bringen andre bürgerliche Historiker mit viel schwächeren Kräften und im Einzelnen sehr verschieden doch als Gesamtheit die in diesen Kreisen vorhandenen Interessen und Fähigkeiten zur Geltung: Heinrich Sinner, Ludwig Kilchman, der zur Schneidernzunft gehörende Annalist.

Das Alles ist jetzt Laienliteratur. Aber dieser tritt noch einmal die alte Gattung in einer Gruppe klerikaler Geschichtschreiber gegenüber.

Zwei Chroniken hat Heinrich von Beinheim hinterlassen: seine Bischofschronik als ein einheitlich geschaffenes, retrospektives Werk, in der Hauptsache eine auf Form und Komposition verzichtende Notizenarbeit; die Stadtchronik ist nur zerfetzt und verdorben erhalten, sodaß ein Urteil unmöglich ist.

Knebels Diarium sodann, dessen hoher Quellenwert schon gewürdigt worden ist, stellt sich hier zum Vergleiche mit der Chronik Appenwilers. Wie verschieden sind diese Domkapläne als Autoren, sowohl in der Auffassung ihrer Aufgabe als in der Kraft der Ausführung. Während Appenwiler sich als Annalist bescheidet und Alles wegläßt, was nicht unter Jahr Monat Tag unterzubringen ist, tritt Knebel durchweg als der gewandte, um Mittel nicht verlegene Schreiber auf. Er ist auch der bessere Lateiner, der gebildete Notar; in die Massen der Geschichtserzählung mischt er kleine Bilder individuellen Wesens.

Knebel und Appenwiler sind auch als Kleriker gut städtisch gesinnt und schreiben Stadtgeschichte. Zum Unterschiede von Blauenstein, der nichts Anderes sein will als bischöflicher Hofchronist. Bei ihm aber ist aufschlußreich für den Wandel geschichtlicher Auffassung das Übergehen von der Fortsetzung der Weltchronik zu lokalgeschichtlichen Aufzeichnungen, namentlich aber zu einer Bischofschronik; in dieser vermag der Autor lebendige Porträts einzelner Fürsten zu zeichnen.

Endlich die Karthäuserchronik des Heinrich Arnolds, eine nach dem Rücktritte vom Priorat geschriebene Altersarbeit. Auch sie ist, gleich den Werken des Cäsarius von Heisterbach, des Thomas von Kempen und andrer Mönche in Dialogform gehalten; der Einsame Schweigende konstruiert sich die Gegenwart eines Andern und die Unterhaltung mit diesem. Bei aller

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 917. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/396&oldid=- (Version vom 4.8.2020)