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Ein korrektes, von allen Stößen und Wirrungen freies Anwenden des Verhältnisses war in der Tat unmöglich. Auf allen Seiten bot es die Möglichkeit eines Konfliktes, und die Verhältnisse selbst, die Menschen und die Zeiten, trieben hier zum Mißbrauch, dort zur Verletzung der Privilegien. Jedenfalls war es eine Wirkung auch hievon, wenn der Rat die große freudige Geberde, mit der er zu Beginn die Magister und Scholaren willkommen geheißen, beschenkt und ausgezeichnet hatte, zu bereuen begann und mäßigte. Schon 1463 zog er die Ungeldfreiheit in Erwägung; 1474 ließ er die Universität wenigstens auf einen Teil dieser Freiheit verzichten; 1501 beriet er darüber, wie manches, das „uns in den Freiheiten beswert“, gemildert oder aufgehoben werden könnte, und 1507 fiel in der Tat die Befreiung der Universität vom Fleischungeld dahin.

Aber das tiefste Wesen des Verhältnisses wurde durch solche Einzelheiten nicht alteriert. Die Universität war ein Werk der Stadt und ein Teil ihres Lebens. Alljährlich in der großen Szene des Fronleichnamsbittganges erhielt auch sie ihren Platz als städtische Korporation, und ihre Doktorpromotionen erhob der Rat durch seine Anwesenheit zu solennen Akten des Gemeinwesens. Und weit über solche Formen und Höflichkeiten hinaus erwies die Stadt, nachdem sie die auf ihr Ansuchen geschehene Stiftung angenommen und mit Privilegien begabt hatte, daß sie auch die Pflichten der Sorge für diese Anstalt auf sich zu nehmen bereit war.

Zunächst mit ihrer ersten Ausstattung, worin vor allem die Zuweisung eines Gebäudes begriffen war. Nachdem zuerst vom Münchenhof als Kollegiengebäude sowie von Zuweisung von Räumen in den Klöstern der Augustiner und der Prediger die Rede gewesen war, erwarb der Rat 1460 von Burchard Zibols Witwe Viola von Rotberg den alten Schalerhof am Rheinsprung und richtete in diesem Hause neben Hörsälen und Lokalen der Verwaltung auch Wohnungen für Dozenten, außerdem Aula und Bibliothekszimmer, sowie eine Studentenburse ein. Es ist das noch heute der Universität dienende Kollegiengebäude.

Auch das Szepter erhielt die Universität gleich zu Beginn vom Rate.

An diese einmaligen Leistungen schloß sich nun die dauernde Pflege und Beaufsichtigung durch den Rat.

Als das Wichtigste zeigt sich dabei, daß die Besetzung derjenigen Lehrstellen, die, inmitten einer mannigfaltigen und wechselnden Lehrarbeit zahlreicher Baccalaureen und Magister, als die ordentlichen und offiziellen Lekturen galten, durch den Rat geschah. Begreiflicherweise konsultierte er hiebei in der Regel die Fakultäten; eine Abmachung von 1474 gab diesen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 561. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/40&oldid=- (Version vom 4.8.2020)