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geradezu das Recht, um ihren Rat und Willen befragt zu werden. Aber dies ändert nichts an der Bedeutung der Professorenwahl durch die städtische Behörde. Und die lebensvolle Ergänzung dazu bilden die Manieren, mit denen der Rat gelegentlich seine Dozenten behandelt. Er stellt sie nur auf Zeit und auf Wohlverhalten an; wiederholt wird einbedungen, daß, wenn Einer den Studenten nicht zusagt, er seine Lehrstelle verliert. Auch sonst zeigt sich im Einzelnen oft eine herrische Art des Verkehrs; der Rat macht mit diesen Gelehrten wenig Umstände und hält sie fest in der Hand. Ein Doktor oder Meister, dem die Stadt Sold gibt, darf sich ohne des Rates Willen keiner fremden Sachen annehmen, und auch nicht einem Bürger wider den andern beistehen oder raten. Aber auch den Fakultäten gegenüber tritt der Rat mit Entschiedenheit auf und erzwingt z. B. die Aufnahme Heynlins und seiner Genossen. Es ist eine Behandlung dieser Dinge, die ihre Parallele hat an der Tendenz des Rates zu selbständiger Regelung kirchlicher Dinge in Sittenkontrolle Klosterreform u. dgl.

Die Besetzung der ordentlichen Lehrstellen durch den Rat verstand sich ohne weiteres bei den eigentlich städtischen Professuren d. h. denjenigen, deren Besoldung unmittelbar aus der Stadtkasse floß. Sie wurde aber mit der Zeit zur Regel auch bei den auf den Ertrag inkorporierter Pfründen angewiesenen Lekturen.

Von der langen Liste auswärtiger Pfründen, die Basel anfangs seiner Hochschule dienstbar zu machen gedachte, war schon frühe das Meiste abgestrichen worden. Pius beschränkte sich darauf, je einen Kanonikat samt Pfründe in Zürich Zofingen Solothurn Colmar und St. Ursanne der Universität zu inkorporieren. Seine Stiftungsbulle setzte dies aufs feierlichste fest, und er selbst sowie mehrere seiner Nachfolger im Papsttum wiederholten die Verfügung. Aber es blieb bei den Pergamenten. Trotz den bündigsten Zusagen, trotz Strafdrohungen und Konservatorien ist Basel niemals in den Genuß auch nur einer jener fünf Pfründen gelangt. Ihm gegenüber verbanden sich allenthalben Eigennutz oder Selbstgefühl der Regierungen, Lokalpatriotismus, überhaupt ein entschiedener Widerwille des betroffenen Klerus selbst zu einer Opposition, zu deren Überwindung Basel allein natürlich zu schwach, der Kurie aber die Sache Basels nicht wichtig genug war. An Stelle dieser zum Teil stattlichen Präbenden stand schließlich, seit ca. 1464, außerhalb Basels keine andere der Universität zur Verfügung, als die Pfarrei Sissach mit ihrer Filiale Rümlingen.

Anders in Basel selbst, wo Rat Bischof und Klerus wenigstens äußerlich einig gingen in der Sorge für die neue gemeinsame Schöpfung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/41&oldid=- (Version vom 4.8.2020)