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Grade als die wichtigste Fakultätshandlung, und weil sie im Grunde Ausübung eines Kooptationsrechtes war, so hielten einige Fakultäten nicht nur die doctores bullati d. h. die ohne Examen durch den Papst kreierten Doktoren von ihrem Lehrkörper fern, sondern stellten auch für ihre eigenen Graduierungen feste Requisite, namentlich dasjenige der ehelichen Geburt, auf. Mit Pomp wurden vor allem die öffentlichen Doktorpromotionen der Juristen und der Mediziner vollzogen; der Doktorand lud mit berittenem Gefolge und unter dem Klange von Pfeifen und Hörnern die Ehrengäste, darunter den Bischof, die Häupter der Stadt usw. ein; der feierliche Akt selbst geschah in einer Kirche, wohl meist im Münster oder zu St. Peter.

Zum Wesen dieser Universität gehörte, daß sie nicht allein Lehranstalt war, sondern eine „durch die Wissenschaft und ihr zum Dienst gefreite Korporation, welche auch Viele umfaßte, die nicht lehrten und lernten, und Alle, die ihr einmal als Lehrer oder Hörer angehört hatten, dauernd in ihrer Gemeinschaft zu behalten suchte.“ Nicht nur Graduierte und Schüler, sowie die Familiaren einzelner Doktoren usw. füllten mit ihren Namen buntgemengt die Matrikel; neben ihnen finden wir auch Berufsleute, die für den gelehrten Betrieb arbeiteten: Schreiber Buchbinder Buchdrucker usw. Eine Masse war beisammen, welche die verschiedenartigsten Kategorien zeigte: Mönche und Weltkleriker und Laien; Arme und Reiche; Knaben und Erwachsene; Wälsche und Deutsche; Magister von Paris Wien usw. neben Anfängern; den Studien Lebende und Solche, die sich blos einschreiben ließen, um die Korporation zu ehren oder ihrer Privilegien zu genießen. Das Wesentliche war dies Alle umfassende Beteiligtsein am akademischen Sonderrecht. Mit gleicher Befugnis auch nahmen anfangs Graduierte und Studenten an der Wahl des Rektors teil und Beide waren wählbar, bis zuletzt, seit den Statuten von ca. 1480, die Studenten zwar wie früher wählbar blieben, das aktive Wahlrecht aber an die Graduierten verloren.

Natürlich schied die Tätigkeit des Lehrens und des Lernens in sehr bestimmter Weise; aber der Bestand dieser beiden Gruppen und ihre Trennung war im Einzelnen keineswegs konstant. Magister der einen Fakultät konnten in der andern noch Studenten sein, Baccalaureen zur gleichen Zeit bald auf der Schulbank sitzen, bald die Geschäfte eines Lehrers besorgen. Neben den ordentlichen Dozenten und oft noch zahlreicher als sie dozierten Andere, die sich erst um Grade bewarben und in der Promotion standen, oder die schon Magister waren, aber keine offizielle Lektur besaßen. In solcher Weise ging der Kurs des Studiums vor sich, mit Vorlesungen Übungen Repetitionen und Disputationen, die alle bis ins Einzelne vorgeschrieben und geordnet

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 569. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/48&oldid=- (Version vom 4.8.2020)