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waren. Gerichtet war der Kurs auf die Erlangung der Meisterschaft im Lehren, daher der Graduierte Meister (magister) oder Lehrer (doctor) hieß und auch das Ratskollegium einer Fakultät nicht durch die Gesamtheit ihrer jeweiligen Lehrer, sondern durch die Gesamtheit ihrer Graduierten gebildet wurde.

Dergestalt erscheint die Universität vor uns als ein großer, in gewissen Abstufungen zugleich lehrender und lernender Körper, und dies Bild erhält noch eine weitere Eigenart durch die Dezentralisation der ganzen Tätigkeit. Diese war keineswegs in dem einen Hause der Universität zusammengefaßt, sondern auf eine Mehrzahl von Lokalen verteilt. Zum Kollegiengebäude, in dem auch Studenten wohnten, traten die Bursenhäuser, die auch Lehrstuben enthielten.

Daß im Kollegiengebäude am Rheinsprung neben den Wohnungen von Dozenten auch eine Studentenburse untergebracht war, ist schon gesagt worden. Außer ihr werden uns andere Bursen genannt: die Pariser Burse (vorher Egenolfische Burs) beim Spalenschwibogen; die Löwenburs im Seidenhof, seit 1522 im Markgräfischen Hof an der Augustinergasse; die Kathrinenburse; die Hieronymusburse; die Heidelberger Burse; die Burse des Peterlin Arzt; die Burse des Meisters Johannes Durlach; die Engelburse.

Die Mehrzahl dieser Bursen scheint zur Artistenfakultät gehört zu haben; doch ist auch von Bursen der Juristen die Rede. Zu Beginn private, aber unter Aufsicht stehende Unternehmungen, wurden die Bursen allmählich zu eigentlichen Fakultätsanstalten.

Bursenzwang war Grundsatz, der wiederholt ausgesprochen wurde: wer nicht in einer Burse lebte, galt nicht als Student und verlor die akademischen Privilegien. Aber es war ein Gebot, das offenbar nicht durchgeführt werden konnte; 1465 ist von freien Studentenbuden die Rede; unaufhörlich hatte sich der Rat mit diesen Verhältnissen zu befassen, da der Grundsatz des Bursenzwanges den aus Zimmern und Kosttischen gern etwas lösenden Bürgern nicht paßte. 1497 hatte der Leutpriester zu St. Peter acht Studenten im Hause; auch bei Dietrich Murer, bei Andreas Helmut u. A. wohnten solche.

Regel war die Leitung der Burse durch einen Magister, der in dieser Eigenschaft Propst oder Regent hieß und dabei einerseits sein Geschäft zu machen hatte, anderseits Vertreter der Universität und ihrer wissenschaftlichen wie disziplinarischen Forderungen war. So begegnen uns als Bursenvorsteher zahlreiche Magister (Hans Heberling, Hans Göppinger, Hans

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 570. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/49&oldid=- (Version vom 4.8.2020)