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Stolz noch Wissen hemmten die Geldgier; während Andlau die Advokaten als gelehrte Ritterschaft preist, schildert ein Anderer aus diesem selben Kreise, Sebastian Brant, wie sie die armen Klienten verachten, wie sie um des Profites willen die Prozesse in die Länge ziehen und in ihnen herumwühlen gleich den Raben im Aas.

Am häufigsten begegnen wir ihnen bei der Kurie; aber sie traten auch vor dem Stadtgericht auf.

Es handelt sich um einen neuen, erst durch die Zeit herausgebildeten Begriff und eine neue Tätigkeit, durchaus im Zusammenhange mit einer allgemeinen Entwicklung.

Vor dreißig Jahren hatte Enea Silvio den alten Zustand geschildert: „die Basler leben unter einem herkömmlichen nicht geschriebenen Rechte, ohne Rechtsbuch, ohne Juristen, ohne Kenntnis der römischen Gesetze.“ Jetzt würde er anders geurteilt haben.

Wie die Universität überhaupt der Entstehung eines weltlichen Gelehrtentums, eines gebildeten Laienvolkes half, so bildete sich speziell auf dem Gebiete des Rechtswesens eine neue Klasse, der weltliche Juristenstand, der im Gegensatz zu dem bisher die Rechtskunde fast ausschließlich besitzenden Klerus immer mehr hervortrat.

An verschiedenen Punkten des öffentlichen Wesens werden wir dabei gewahr, wie die Schätzung der Jurisprudenz wuchs und mannigfaltige Lebensstellungen sich ihrem Studium öffneten.

Daher die Verwendung der Juristen in Landesämtern, wie des Johann Bär, des Andreas Helmut und des Adam Kridenwiß in der Verwaltung Vorderösterreichs, wobei eine neue Art des „Regimentes“ sich bildet.

Daher die Schaffung auffallend zahlreicher Rechtslehrstühle an der Basler Universität. 1460 wurden vier solcher Lekturen in Aussicht genommen; 1474 sogar sechs neben einem Theologen, einem Mediziner und sechs bezw. vier Artisten.

Der Rat, der in solchem Maße für das Rechtsstudium besorgt war, nützte es zu gleicher Zeit für seine eigene Administration und Politik durch Einrichtung eines Stadtkonsulententums. Ehedem hatte er unter den gescheiten „Pfaffen“ Basels seine rechtskundigen Räte, seine Vertreter und Oratoren gefunden, den Johann von Hiltalingen, den Franz Boll, den Konrad Elie von Laufen u. A.; jetzt zog er gelehrte Laien heran und nahm sie aus der Juristenfakultät seines Generalstudiums. Solchergestalt amteten Bär und Helmut jahrelang neben einander als Syndici der Stadt. In den Kämpfen mit Bischof Caspar, in den Verhandlungen mit dem Papste,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 577. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/56&oldid=- (Version vom 4.8.2020)