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mit Kaiser und Reich usw. taten sie unaufhörlich Dienste; eigenartig, durch die Handschrift wie durch die Klarheit der Disposition und den leichten Stil ausgezeichnet liegen ihre Gutachten und Referate zwischen den konventionellen schweren Elaboraten der Kanzlei.

Zugleich sehen wir, wie auch hier bei der Kanzlei, die ja schon früh aus den Händen der Kleriker an Laien übergegangen war, immer entschiedener die Richtung auf rechtserfahrenes Wesen genommen wird. Ihr Personal rekrutiert sich jetzt vorzugsweise aus den wohlgeschulten Notaren und Prokuratoren der Kurien.

Und so deutet wohl auf die Entwicklung eines neuen Rechtsgefühls auch die jetzt geschehende Schaffung der städtischen Appellationsinstanz; abgesehen von dem politischen Interesse, das dabei allerdings wesentlich wirkte.

Die Gerichtsordnungen endlich, die jetzt erlassen werden, regeln nicht nur Organisation und Prozeßgang, sondern sind zum Teil Kodifikationen materiellen Rechtes. Es handelt sich um eine Fixierung des Stadtrechtes, in der Absicht geschehend, der intensiven Tätigkeit der geistlichen Gerichte gegenüber die am Stadtgericht zur Anwendung kommenden Grundsätze bestimmter zu normieren. Das Wichtige dabei ist aber, daß dieses Stadtrecht seine unausgesetzte Erwahrung und zugleich Weiterbildung in den Urteilen des Stadtgerichtes selbst erhält, und daß das römische Recht, bisher schon durch das geistliche Gericht gefördert, jetzt auch in die Akten des weltlichen Gerichtes und durch dessen Urteile in das Stadtrecht einzudringen beginnt.

Wir haben auch hiebei wieder in erster Linie an Leute wie Andlau Helmut Bär Brant zu denken. Energisch trat Andlau für die Geltung des römischen Rechtes im deutschen Reiche ein und beklagte, daß es in den Gerichten, da sie mit Unwissenden besetzt seien, nicht zur Anwendung komme. Wie spottete Brant über die Ignoranz der Richter, wie erwartete auch er vom römischen Rechte die Kräftigung kaiserlicher Macht in Deutschland. Es war von Wichtigkeit für Männer dieser Gesinnung, als Advokaten den Sitzen der ungebildeten Schultheißen und Richter gegenüber die Gelehrsamkeit ins Stadtgericht bringen und hier dem neuen Rechte in Plaidoyers Geltung verschaffen zu können. Es gelangte auf diesem Wege in die Akten, in die Urteile, ja in das Stadtrecht selbst.

Diese selben Doktoren waren es ja auch, deren häufiges Funktionieren als Schiedsrichter wir schon zu erwähnen hatten. Die Absicht der Parteien bei solchen Kompromissen auf Obmannsspruch ging oft gerade darauf, der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/57&oldid=- (Version vom 4.8.2020)