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und der romanische Realismus stritten um die junge Hochschule, bis diese zuletzt sich ihnen beiden öffnete.

Bei der Gründung der Universität war in Gutachten die Vertretung beider Wege, eines jeden mit vier Ordinarien, empfohlen worden; dennoch erhielt zunächst der Neue Weg den Sieg. Ohne Zweifel infolge der Einwirkungen Erfurts.

Aber diese Alleinherrschaft des Nominalismus dauerte nur wenige Jahre. Johann Heynlin, in Löwen und Paris zum Realisten gebildet, gewann dieser Lehre auch in Basel Geltung. Er kam im Sommer 1464 hierher und setzte zunächst, dem Widerspruch der Fakultät entgegen, beim Rate die Zulassung des Realismus und seine eigene Anstellung als Professor der Artistenfakultät durch; im folgenden Jahre geschah dann die ausdrückliche Anerkennung der Gleichberechtigung beider Wege und die entsprechende Änderung der Universitätsstatuten.

Von da an herrschte Parität, sorgfältig auf allen Gebieten beobachtet, aber immer noch mit Festhaltung des Begriffs einer einheitlichen Fakultät, so daß bei der jährlichen Dekanswahl die beiden Parteien alternierten. Erst das Jahr 1470 brachte die völlige Scheidung; die Fakultät trennte sich; jede Abteilung wählte ihren Dekan und ihren Fakultätsrat. Es war eine Ordnung, die von da an zwei Jahrzehnte hindurch dauerte.

Wir übersehen nicht, daß die Bedeutung der ganzen Kontroverse über die eines bloßen Schulstreites hinausging. Hinter ihr stand eine Verschiedenheit der Weltanschauung. Daher die Leidenschaft dieser Kämpfe, der Hader und das Übelwollen, die Notwendigkeit des Auseinandergehens in zwei Fakultäten. Daher auch die Teilnahme des städtischen Rates.

Schon 1464 und 1465 hatte diese Behörde eingegriffen, sogar dem Willen der gelehrten Fakultätsmachthaber entgegen. Sie wiederholte diese administrative Behandlung rein geistiger Dinge – nicht um dieser Dinge willen, aber als Hüterin des Friedens auch an der Universität und im Interesse von Ordnung und Gedeihen –, als sich aufs neue die Veranlassung zum Einschreiten bot.

Es war dies ein im Jahre 1487 ausbrechender Streit um den Gebrauch des Fakultätssiegels. Der Rat nahm sich der Sache an und verhandelte auch mit Christoph von Utenheim, damals Propst zu St. Thomas in Straßburg, vor den als päpstlichen Richter der Streit gebracht worden war. Das Wirksamste zur Verhinderung weitern Haders schien die Wiedervereinigung der Fakultäten, zugleich aber auch der Verzicht auf die bisherige offizielle Anerkennung des Parteigegensatzes zu sein. Auf diese Weise

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 589. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/68&oldid=- (Version vom 4.8.2020)