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Vor Allen glänzt Johann Reuchlin. Heynlin hat ihn 1474 aus Paris nach Basel gebracht. Hier lernt er nun Griechisch bei Kontoblakas und studiert die Codices der Predigerbibliothek. Er hält auch selbst Vorlesungen. Er schreibt den vocabularius breviloquus und gibt ihn mit Amerbach heraus. Kaum über zwanzig Jahre alt, im stolzen Vorgefühle seines künftigen Gelehrtenruhmes, steht er da als eine der schönsten Gestalten dieser an Gestalten so reichen 1470er Jahre Basels. Er ist auch Jurist; nach einigen Jahren verläßt er die Stadt, um als Hofmeister des reichen Rechtsscholaren Hieronymus Zscheckabürlin mit diesem zur Universität Orléans zu gehen.


Als der Häuptling der Basler Humanisten aber, ihre Eigenart stärker und anhaltender vertretend, erscheint Heynlin. Er und Sebastian Brant sind auch die persönlich Erkennbarsten der ganzen Menge.

Johann Heynlin, von hoher Bedeutung für die Stadt, war doch keineswegs ein dauerhafter Basler. Er kam wiederholt und blieb immer nur einige Jahre. Bis er zuletzt nach einem umgetriebenen Leben hier die letzten ruhigeren Zeiten und den Tod fand.

Er hatte seine Studien in Leipzig und Löwen begonnen; dann kam ein jahrelanges Gelehrtenleben zu Paris, wo er in umfassender Arbeit zu Ansehen kam. Er muß von starkem Willen gewesen sein, ehrgeizig, voll Verlangen einzugreifen und sich geltend zu machen. Daher das Tempo und die Energie seiner Tätigkeit durchs ganze Leben und auf zahlreichen Gebieten; daher aber auch sein rascher Entschluß, mit Unterbrechung des begonnenen theologischen Studiums Paris zu verlassen und die junge Basler Universität für seine philosophische Lehre, den Realismus, zu erobern.

Zu Beginn des Sommers 1464 kam er mit diesen Absichten nach Basel; wie er Erfolg hatte, ist schon erzählt worden. Eine kurze akademische Tätigkeit in Basel schloß sich an, und diese drei Jahre, während deren er Andlau Textoris Philippi und Andern nahe trat, der Artistenfakultät Statuten gab, die ersten Zeiten der Buchdruckerkunst erlebte, reichten dazu hin, ihm Basel vertraut zu machen und jede seiner späteren Einkehren in diese Stadt als ein Heimkommen erscheinen zu lassen.

1467 ging Heynlin wieder nach Paris; dieser zweite Aufenthalt an der Seine brachte ihm nicht nur hohe Ehren im wiederholten Priorat der Sorbonne und im theologischen Doktorat; das Wichtigere dieser sieben Jahre war, daß Heynlin im Verkehre mit Fichet Senilis Bessarion u. A. zum

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 598. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/77&oldid=- (Version vom 4.8.2020)