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weiter in die Stille hinein tut. Das ist sein Mönchwerden 1487. In der Karthäuserzelle ist er nun einige Jahre lang neben der Erfüllung der Ordenspflichten noch literarisch tätig. Wie er sich dabei immer mehr auf erbauliche Werke einschränkt und wie der Prior Lauber ihm seine Strenge und seine Macht zu fühlen gibt, ist die letzte und gewiß schmerzlichste Bändigung dieser starken Natur. Heynlin starb am 12. März 1496.


Sebastian Brant, ein geborner Straßburger, immatrikulierte sich 1475 in Basel und wurde hier völlig heimisch. Zwischen dem beständigen Auf- und Abtreten der Personen dieses gelehrten Theaters steht er da als merkwürdig ruhige, ausdauernde Gestalt, auch durch keine Reisen, soviel wir sehen, im Beharren gestört. Um so eher verweilen wir bei seiner vielseitigen Tätigkeit als Dozent, als Editor und Schriftsteller, als Advokat, als Richter.

Freilich kommt uns aus all diesen Funktionen nichts entgegen, das ungewöhnliche Kraft ist. Brant erscheint nie als führende, immer als begleitende Person. In den Formen und Verhältnissen allerdings, die nur jene Periode bot, und als Freund eines Reuchlin, eines Heynlin, eines Geiler u. A., als Helfer und Genosse der größten damaligen Buchdrucker Deutschlands. Auch das ihm Eigene, ihn Auszeichnende ist im Grunde nichts Positives und nichts Aktives: die Gabe scharfer Beobachtung, die Freude an Kritik und lehrhafter Satyre.

Dieser Mann stellt sich uns zunächst vor in zahllosen Widmungen Elogien Empfehlungsschreiben u. dgl. Absichten von Huldigung und Zueignung, aber auch der Stolz darauf, was er selbst als Autor oder als literarischer Ratgeber eines Druckers geleistet, werden durch ihn in solchen kunstreich geformten Beigaben zu Büchern ausgesprochen.

Daneben waltet fruchtbar sein journalistischer Sinn für Aktuelles: in Zeit- und Gelegenheitsgedichten auf den Ensisheimer Meteorit 1492 und die Schlacht bei Salins 1493, auf Hochwasser Sonnenfinsternis und Hagelschaden, auf die schöne Aussicht vom Schreiberhause, auf den Guß der Papstglocke, auf Gelehrtenwohnungen, auf das Rotbergische Wappen usw.

Von der oft unausstehlichen Gedankenarmut und Plattheit dieser Verse sondert sich eine anmutvollere Poesie der Devotion. Hier vermag der Dichter auch ohne eigenen Reichtum zu wirken. Die schon bekannten Bilder und Vorstellungen bringen ihm Glanz Farben Gefühl Weihe. Was er noch hinzutut, sind die Formschönheiten und Klänge antiker Muster. Und so feiert er in prächtigen Gesängen seine Heiligen, den Sebastian und den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/79&oldid=- (Version vom 4.8.2020)