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durch alle Stufen vom Handwerk zur Kunst gehende Wesen der Formschneider Kalendermacher Heiligenmaler Heiligendrucker Karten- und Briefmaler u. dgl. ist zu nennen, dessen Ausdehnung gerade in Basel groß war. Zahlreiche Namen und mehrere noch erhaltene xylographische Werke selbst lassen uns die Bedeutung des Betriebes, die wohl in einzelnen Schreibstubengeschäften zentralisierte Produktion und die Wichtigkeit dieses frühen Handschriften- und Büchermarktes Basel ahnen. Der wiederholte Übergang vom Schreiber (Johann Meister), vom Kartenmaler (Lienhard Isenhut, Adam von Speyer), vom Buchbinder (Jacob Spidler, Hans Wurster) zu der neuen Kunstübung zeigt, wie nahe sich die Gebiete lagen.

Als die ersten Buchdrucker zu Beginn der 1460er Jahre sich in Basel niederließen, fanden sie ein in Jahrhundertelanger Entwickelung gebildetes und abgeschlossenes wirtschaftliches System vor. Für eine nur den Buchdruckern angepaßte neue Form war in diesem System kein Platz mehr, und zu einfacher Einfügung in eine der vorhandenen Formen, etwa in die Zunft der Krämer, erschien das Gewerbe als zu eigenartig, zu geistig.

Der Kreis der Zünfte blieb dem Gewerbe als solchem geschlossen. Nicht aber seinen einzelnen Vertretern. Da alle Ordnungen Beziehungen und Funktionen des öffentlichen und sozialen Lebens auf diesem Kreis aufgebaut waren, hatten auch die neuen Gewerbsleute sich seiner Organisation zu fügen. Jeder für sich mußte in einer der Zünfte, nach seiner Wahl, Aufnahme suchen und finden, um da seinen bürgerlichen Platz zu haben. Die Buchdruckerei als Ganzes dagegen stand, gleich dem Papierergewerbe, außerhalb der gegebenen Wirtschaftsordnung; es blieb freies Gewerbe und, im Sinne der ihm benachbarten artes liberales der Universität, freie Kunst.

Höchst anziehend ist nun, dem Wachstum dieser auf sich selbst gestellten Arbeit zu folgen und eine Entwickelung zu beobachten, auf die keinerlei zünftige und stadtwirtschaftliche Reglementierung einwirkt. Da bestehen keine Vorschriften über Ausgleich, über Hemmung des Wettbewerbs und des rücksichtslosen Großbetriebs. Arbeitszeit und Arbeitslohn sind so wenig reglementiert wie die Zahl der Arbeiter; als 1471 zwischen den Buchdruckern und ihren Arbeitern Streit entsteht und die Letztern die Arbeit liegen lassen, entscheiden nicht Zunftmeister, sondern das Stadtgericht bringt einen Vergleich zustande. Auch im Zollwesen wird den Buchdruckern eine Ausnahmestellung gewährt; bei völliger Zollfreiheit für die selbstständige Ausfuhr eigener Verlagswerke haben sie vom Lohnwerk für auswärtige Verleger einen sehr ermäßigten Pfundzoll zu entrichten, und in einzelnen Fällen, wie dem Drucke des großen Bibelwerkes durch Amerbach

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/84&oldid=- (Version vom 4.8.2020)