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Mehr erfahren wir vom Domstift. Für dessen alte Bücherei richtete Bischof Johann von Venningen über der großen Halle des Kreuzganges einen Saal ein; er selbst vermachte dieser Bibliothek alle Bücher seines Nachlasses, über die er nicht anders verfügte. Eine große Zuwendung war ihr schon vorher durch Heinrich von Beinheim geworden. So bewährte sich die Kraft dieser beiden Männer und ihre Einsicht in die Bedürfnisse der Zeit auch hier bei gemeinsamer Tätigkeit für die Dombibliothek. Die Klage Wurstisens über die Zerstreuung dieser Sammlung zur Zeit der Reformation läßt auf ihre Größe und Wichtigkeit schließen; trotz der Beraubung umschloß sie zu Ende des XVI. Jahrhunderts noch einige hundert Bände.

Die neben ihr auf Burg bestehende Bibliothek, ebenfalls eine Schöpfung dieser denkwürdigen Zeit, war diejenige der Münsterpredikatur, sie wurde 1469 durch das Domkapitel geschaffen und hatte ihren Platz im Amthause des Predikanten; dieser sollte nicht auf die allgemeine Bibliothek des Stifts angewiesen sein, sondern die nötigen Bücher stets bei der Hand haben.

Sammlungen eigener Art waren von jeher die Klosterbibliotheken. Neben theologischen Kompendien Lehrbüchern Sprüchwörter- und Exempelsammlungen fanden sich auch hier Handschriften von Klassikern, sowie zahlreiche Hefte und Bücher, in denen spezifisch klösterliche Themen behandelt waren: von der Erkenntnis seiner selbst, vom Gehorsam, von der wahren Buße, vom Alleinsein mit Gott, von den Anfechtungen, von der Verderbtheit des Weibes u. dgl. m.

In erster Linie ist dabei der Predigerbibliothek zu gedenken. Nirgends wie in diesem Hause wurde von Anbeginn das Bücherwesen gepflegt, der Ordensregel gemäß, die eine Bibliothek den kostbarsten Schatz des Konventes nannte. Schon der Vertrag der Basler Prediger mit denjenigen zu Bern 1326 über den Besitz von Büchern zeigt die Kraft dieser Interessen und dieselbe Gesinnung, die 1434, als dem Kloster einige Bände abhanden kamen, vom Konzil die Exkommunikation der Entwender erwirkte. Wir verstehen daher durchaus, daß Johann von Ragusa seine große Bücherschenkung dem Basler Konvente zukommen ließ. Er war selbst Dominikaner, einer der Führer des Basler Konzils; er hatte 1435/37 eine ansehnliche Sammlung lateinischer und namentlich griechischer Handschriften zusammengebracht, als er Gesandter des Konzils in Konstantinopel war. Mit diesem Geschenk, einem Seitenstück zu Bessarions berühmter venezianischer Stiftung, übernahmen die Mönche die Pflicht, einen schicklichen Raum für die Bücher herzurichten. Wie sie dies taten, war noch lange nachher zu sehen: neben dem

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 616. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/95&oldid=- (Version vom 4.8.2020)