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Refektorium ein gewölbter heller Saal, in dessen Langwänden fünf Schränke für die Bücher eingelassen waren. Doch scheint hier die gesamte Klosterbibliothek, nicht nur der durch Ragusa legierte Teil aufgestellt gewesen zu sein. Sie war größtenteils theologischen Inhaltes und besaß namentlich eine lange Reihe von Bibelkommentaren, viel Patristik, Ordensliteratur, Schriften über Predigtwesen und Ketzerverfolgung. Aber auch ansehnliche Bestände an Juristischem und Medizinischem. Vereinzelt standen daneben Petrarca Poggio Platina de honesta voluptate, ein paar Chroniken und eine Weltkarte, von den antiken Autoren Aristoteles und Cicero. Über Alles hin aber glänzte als Unikum die Sammlung griechischer Handschriften mit dem Neuen Testament, der Apostelgeschichte, dem Gregor von Nazianz, dem Theodoret usw.

Prachtvoll sodann war die Bibliothek der Karthäuser. Das eigenartige, ruhig geordnete Wesen des Klosters war hiebei wirksam; aus der Ordensvorschrift an die Mönche, andächtige Bücher abzuschreiben, entwickelte sich auch in diesem Hause der größte Eifer für alles Bücherwesen. Zu den innerhalb des Klosters selbst entstehenden Bänden traten die von draußen erworbenen, wie die schon 1430 gekaufte prachtvolle Postille des Nicolaus von Lyra in mehreren Bänden. Zum Ruhme des Priors Albert Bur (1432–1439) half auch seine Sorge für die Bibliothek; noch verdienter machte sich der Prior Lauber (1480–1500) durch Organisation der stark wachsenden Sammlung; ihm erschien ein Kloster ohne Bücher wie eine Stadt ohne Reichtum, wie eine Burg ohne Mauer, wie eine Küche ohne Geschirr, wie ein Tisch ohne Speisen, wie ein Garten ohne Kräuter, wie eine Wiese ohne Blumen, wie ein Baum ohne Blätter. Gleicher Gesinnung war sein Nachfolger Zscheckabürlin, der seine schon in Laienzeiten geübte Bücherfreundschaft nun als allmächtiger Prior diesem Besitze des Klosters zuwendete. Der Reichtum der Karthäuserbibliothek war in der Tat ungewöhnlich. Sie genoß die Gunst der Basler Buchdrucker, die sie mit ihren Erzeugnissen beschenkten, und in der Büchersammlung Heynlins erwarb sie einen unvergleichlichen Schatz. Dazu nun noch die Beflissenheit der Mönche selbst. So wurde die Bibliothek zur bedeutendsten der Stadt. Sie griff über den Klosterbedarf hinaus und war dazu angetan, den Beruf einer den weitesten Kreisen dienenden Gelehrtenbibliothek zu erfüllen. An die Bibeln, die Kirchenväter, die Scholastiker, die Predigten und Andachtsbücher, an die Mediziner und Juristen reihten sich in vielen Bänden die antiken Autoren; auch Petrarca Boccaccio Filelfo Valla usw. waren zu finden und von deutscher Literatur U. F. Spiegel, das Buch von den heiligen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 617. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/96&oldid=- (Version vom 4.8.2020)