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Der erste Schritt hiezu geschah anläßlich der Entkleidung der Hohen Stube von ihren politischen Vorrechten, 1515. Indem die bisher üblich gewesene Assoziations- oder Commandit-Beteiligung von Stubenherren an Geschäften Handelszünftiger als unzulässig erklärt und durch Forderung der Abgabe eines Vermögenszehntels von neuen Stubenherren die ökonomische Kraft der Stube geschwächt wurde, war der Boden vorbereitet zum Angriff auf die zünftigen Großbetriebe.

Es handelte sich in der Hauptsache um die Angehörigen der Handelszünfte. Die Vertreter dieser Zünfte im Rate haben wir kennen gelernt als die Regenten der Stadt, und wie sie diese Macht ihren eigenen Interessen dienen ließen, zeigt beispielsweise der Beschluß über Beschaffung des Geleites für die zur Frankfurter Herbstmesse 1617 reisenden Basler, der ausdrücklich festsetzte, die Zahlung der Geleitgelder aus dem gemeinen Gute solle künftig nicht mehr nur für die Kaufherren geschehen, sondern auch für die „niedern Zünfte“. Es war die Zeit, da im Zusammenhange mit der allgemeinen Bewegung gegen Monopole und Großkaufmannschaft die Leute des Kleinbetriebes, des Handwerkes auch hier Geltung begehrten. Die Auflehnung gegen die Stadtherrschaft der Zunftgewaltigen äußerte sich in Erhebung der Untern Zünfte. Indem die wirtschaftlich Unzufriedenen ihre Beschwerden über die Geldmächte laut werden ließen, gaben sie diesem Stoße zugleich die Wucht des politischen Kampfes. Sie fügten ihre wirtschaftliche Sondertendenz in den großen Komplex der allgemeinen demokratischen Bewegung und halfen ihr damit zum Erfolge.

Sie setzten im Rate den Beschluß durch, daß alle Zünfte aufgefordert werden sollten, gewerbliche Mängel und Schäden zu nennen. Es geschah dies im Frühsommer 1521. Die Folge war, daß die Handelsgewerbe sich zufrieden äußerten, vom Handwerk aber eine Fülle von Beschwerden und Änderungsbegehren kam. Damit hatten die Neuerer die Reform nach ihrem Willen eingeleitet.


Überall spüren wir das Fieber, das während dieser Monate das Leben Basels in seiner Gewalt hat.

Als etwas noch kaum Faßbares stellen sich vor jeden Einzelnen Fragen und Forderungen einer neuen kirchlichen Lehre; während der Eindruck eines so mächtigen Beschlusses, wie der über Abschüttelung des Bischofsrechtes war, noch lange nachbebt, während die Wühlereien schwer verletzter Stubenherren noch kaum zur Ruhe gekommen sind, gibt die Ungewißheit über den Ausgang der Gewerbereform jedem Arbeiten Mißtrauen und Haß an

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/328&oldid=- (Version vom 1.8.2018)