Was das Weib nicht ist, nicht kann und nicht will, wurde bislang erörtert. Wozu es also überhaupt da ist, welchen Zweck es hat, wird nun auseinandergesetzt. Und nun folgt sorgfältig vorbereitet die herrliche Entdeckung, auf die der Verfasser nicht wenig stolz ist. Nicht etwa selbst den niedrigsten, den Gattungszweck spricht er der Frau zu, sondern sie ist nur um der »Kuppelei« willen da! Was er da vorbringt in endloser Wiederholung und Ausspinnung (das Buch könne schlechthin auch tausend Seiten haben anstatt fünfhundert) ist so verworren, verfilzt, mit Ekelhaftem und Unwahrem vollgestopft, daß man es kaum entwirren kann. Der Gedanke an die sexuelle Vereinigung irgend eines Paares sei der dominierende im weiblichen Dasein! Er versteigt sich zu folgender Behauptung, die ich hier wörtlich zitiere: »Die Erregung der Mutter am Hochzeitstage der Tochter ist keine andere als die der Leserin von Prevost oder von Sudermanns ›Katzensteg‹.« Keine andere?! In der Tat, ein tiefer Menschenkenner!
Das Weib sei überhaupt vollständig unfrei, denn es stehe immer unter dem »Bedürfnis (!), vergewaltigt zu werden« (!), es sei ganz und gar im Banne männlicher Sexualität. (Es wird dort noch anders ausgedrückt.) Ist nicht, ohne einen Anwurf daraus machen zu wollen, gerade umgekehrt, eher der Mann weit abhängiger von der sexuellen
Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)