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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Gemahl; und soviel Ergebenheit, als meine Mutter gegen euch zeigte, da sie ihren Vater verließ um euch anzuhängen, so viel bin ich hoffentlich befugt zu bekennen, daß ich dem Mohren, meinem Gemahl, schuldig sey.

Brabantio.

Gott gesegne dir’s; ich habe nichts mehr zu sagen. Gefällt’s eurer Durchlaucht, so wollen wir nun von den Staats-Angelegenheiten reden. Ich wollte lieber ein Kind angenommen als gezeugt haben. Komm hieher, Mohr; hier geb ich dir von ganzem Herzen, was ich, wenn du’s nicht schon hättest, von ganzem Herzen vor dir verwahren wollte. Um euertwillen, Kleinod, bin ich in der Seele froh daß ich keine andre Kinder habe – – Denn der Streich, den du mir gespielt hast, würde mich tyrannisch genug machen, ihnen Klöze anzuhängen. Ich bin fertig, Gnädigster Herr.

Herzog.

Laßt mich nun in meinem eignen Character, in der Person eines allgemeinen Vaters reden, und ein Urtheil fällen, das diesen Liebenden zu einer Stuffe diene, sie wieder in eure Gunst zu heben.[1] Sobald nicht mehr zu helfen ist, so hat man das Aergste gesehen, und Klagen sind nicht nur fruchtlos, sondern der nächste Weg ein geschehenes Unglük mit einem neuen zu häuffen. Wenn die Klugheit die Streiche des Glüks nicht allemal verhindern kan, so kan doch Geduld einen Scherz aus seinen Beleidigungen


  1. Von hier an spricht der Herzog im Original in Reimen, und wird von Brabantio in gleicher Münze bezahlt.
Empfohlene Zitierweise:
William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/209&oldid=- (Version vom 1.8.2018)