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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Cassio.

Vergieb mir, Bianca; ich war diese Zeit über von bleyernen Gedanken zu Boden gedrükt; aber ich werde in einer glüklichern Zeit diese lange Rechnung von Abwesenheit zu tilgen wissen. Liebste Bianca, zeichne mir diesen Riß ab – – (Er giebt ihr Desdemonens Schnupftuch.)

Bianca.

O Cassio, woher habt ihr das? Das hat mir die Mine von einem Liebes-Pfand irgend einer neuern Freundin: Nun merk’ ich die Ursache deiner Abwesenheit die mir so schmerzlich war: Ist es dazu gekommen? Wohl, wohl!

Cassio.

Geh, Mädchen, und wirf deine häßlichen Muthmassungen dem Teufel in die Zähne, von dem du sie hast. Du bildest dir also ein, das sey ein Andenken von einer Liebste? Nein, Bianca, in ganzem Ernst.

Bianca.

Wie, von wem ist es dann?

Cassio.

Das weiß ich selbst nicht; ich fand es in meinem Zimmer; die Arbeit daran gefällt mir ungemein, und eh man es wieder begehrt, (welches vermuthlich geschehen wird) möcht’ ich einen Abriß davon haben. Nimm es, mein Herz, und zeichn’ es ab, und laß mich izt allein.

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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/314&oldid=- (Version vom 1.8.2018)