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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

kein Lust noch Furcht von Dir in dieser Welt abwenden, beständig sein an’s End gib mir, Du hasts allein in Händen; kommt nun Anfechtung her, so wehr, daß sie mich nicht umstoße; Du kannst maßen daß mir’s nicht bringt Gefähr; ich weiß, Du wirsts nicht laßen“; so werden wir stark zum Widerstande in der Kraft des HErrn und Seiner Stärke, zumal wenn wir den letzten Gedanken, welchen St. Petrus in diesem Theile unsers Textes äußert, nach Gebühr dazu nehmen. Denn er verstärkt die Vermahnung zum treuen Widerstand, indem er sagt: „Dem widerstehet fest im Glauben, indem ihr wohl wißet, daß dieselbigen Leiden über eure Brüder in der Welt ergehen.

 Die Gemeinschaft der Leiden, die wir mit allen unsern Brüdern haben, und des Kampfes, in welchem sie nicht minder als wie wir stehen, zeigt uns zwar die Größe und Macht des gräulichen Feindes, mit welchem wir es zu thun haben, aber auch die Größe des Heeres, welches der HErr ihm gegenüber in den Streit stellt, mit welchem Er ja auch selbst ist, welches Er nimmermehr verlaßen kann, an deßen Spitze Er vielmehr selbst steht. Zu gleicher Zeit tritt uns damit die heilige Absicht unseres Lebens vor Augen, wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, mit den Herren der Welt, mit den bösen Geistern unter dem Himmel, die in der Luft herrschen und mit ihren Pfeilen von oben her auf uns zielen. Sie sind groß an angeschaffener Kraft und Macht und Bosheit, wie wir arm und klein an Kraft und Macht und Güte; aber die Ehre des HErrn verlangt es, daß Er nicht immer durch Seine allmächtige Kraft, sondern in der Schwachheit Seiner Erlösten den Sieg gewinne. Seine Kraft will in den Schwachen mächtig sein und die gewaltigen Fürsten sollen der Nüchternheit, der Wachsamkeit und dem festen Widerstande derjenigen erliegen, die von Natur zum Siege keine Anlage haben, aber eben deshalb zu desto größeren Ehren des Königs Christus den Sieg gewinnen sollen. Dieser Sieg ist allerdings sehr häufig mit Augen nicht zu schauen, er ist im Gegentheil sehr oft ein leibliches Unterliegen, darf und kann es sein, weil auch das Lamm Gottes den Teufel durch Unterliegen besiegte, weil auch der Fürst des Lebens den Tod durch Sterben überwand. Unser Sieg besteht nicht in äußerlichen Erfolgen, sondern ganz einfach in ausharrender Treue. Wer getreu ist in den Leiden der Christenheit und in den mancherlei Anfechtungen des Teufels bis ans Ende, der hat schon gewonnen, dem gehört schon die Krone, niemand braucht mehr, als Treue; wer mit dem Schwerdt in der Hand und im Zustande des Krieges und Kampfes stirbt, der hat gewonnen. Das sollen die Heiligen Gottes wißen. Gebeugt unter die gewaltige Hand Gottes, die sie in den Anfechtungen des Teufels spüren, unbesorgt voll Vertrauens auf Den, der da sorget, sollen sie gar nichts thun als kämpfen, treulich kämpfen, und die Kriege JEsu führen. Das ist ihre Aufgabe, die soll ihnen gelingen.

 Aber freilich, wenn sie auch von allen Sorgen entbunden und auf die einfache Lebensaufgabe eines unabläßigen Kampfes hingewiesen sind, es ist und bleibt dennoch eine Aufgabe, die von Natur kein Mensch löst, ja, die selbst die neue Creatur nicht leisten wird, wenn ihre Kraft und Gabe nicht immer von oben her erneut, Muth und Beständigkeit nicht immer aufs Neue von Gott aus der Höhe angefacht wird. Es klänge in der That schaurig, weil der Gehorsam unmöglich ist, den Apostel vermahnen zu hören: „dem widerstehet fest im Glauben“, wenn nicht der dritte und letzte Theil unseres Textes so voll Trostes und Ermuthigung dazu träte. Aber freilich dieser letzte Theil, dieser 10. und 11. Vers des Kapitels haben eine Kraft in sich, die man nur aufnehmen darf, so werden die müden Knie und die laßen Hände gestärkt, und der Kampf wird mit neuem Eifer fortgesetzt. „Der Gott aber aller Gnade, das sind die Worte des heiligen Apostels, der uns berufen hat zu Seiner ewigen Herrlichkeit in Christo JEsu, der wird euch, die ihr hier eine kleine Zeit leidet, vollbereiten, stärken, kräftigen, gründen. Demselbigen sei Ehre und Macht in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Amen.

 Berühmte, Euch bekannte Worte. Ihr erinnert Euch, meine Brüder, daß ich an Confirmationstagen beim Confirmationssegen mit mehreren Einsegnungsformeln wechsele, und daß der letzte, eben angeführet Theil unseres Textes eine dieser Formeln bildet. Es geschieht nach einem alten kirchlichen Vorgang, daß ich auch diese Worte zur Einsegnung gebrauche. Es geschieht aber auch um so mehr mit Freude und Dank,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 022. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/398&oldid=- (Version vom 1.8.2018)