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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

liegt, alle Augenblicke würde unsere Brust der Gefahr tödtlicher Pfeile ausgesetzt sein, wenn uns nicht die neue Gerechtigkeit wie ein Krebs, d. i. wie ein Panzer deckte, die Gerechtigkeit des Glaubens mit ihrer ins Leben übergehenden sproßenden Kraft. Ist daher der Mensch mit Wahrheit gegürtet, so muß er auch mit der unverwüstlichen Gerechtigkeit JEsu gepanzert werden und seine Seele fest in dem Gedanken ruhen, welchen er Christo zuspricht: „ich bin rein um Deinetwillen.“ – Ist nun aber das Kleid gegürtet, der Panzer angelegt, was ist das dritte? Nun macht der, des Brust geschützt ist, seine Füße bereit zum Kampf, bindet die Sohlen unter und sorgt, daß er auf der rauhen Bahn des Schlachtfeldes unbesorgt und unverletzt dahin laufen könne. Was ist aber nach der geistlichen Deutung die Beschuhung der Füße und ihre Bereitung zum Gang? „Die Bereitschaft zu treiben das Evangelium des Friedens,“ denn der Apostel ermahnt: „Unterbindet eure Füße in Bereitschaft des Evangeliums des Friedens.“ Gekräftigt durch Wahrheit, geschützt durch Gerechtigkeit gegen alle Vorwürfe des Teufels und des eignen Herzens läuft der Christ dahin und bekennt das Evangelium, predigt den Gekreuzigten, bietet allen den Seinen im Evangelium den Frieden an. So wie er nun aber den Frieden Christi predigt, und die Welt zur Seligkeit beruft, wehrt sich der Satan und es entzündet sich der helle Streit. Nun fliegen die feurigen Pfeile des Bösewichts; nun erhebt sich im Innern der Zweifel, vom Teufel angeschürt, nun kommt von Außen der mächtige Widerspruch; nun entwickelt sich die volle Noth des Kampfeslebens, der Panzer allein will nicht schützen, es muß mehr Bedeckung geschafft werden, und wie der Gepanzerte von einem Schild und Helm gedeckt wird: so muß nun in diesem geistlichen Kampfe auch ein Schild herbei und ein Helm, damit man nicht unterliege. Der Schild, mit dem man auslöschen kann alle feurigen Pfeile des Bösewichts, ist der Glaube, und der Helm, unter welchem das Haupt auch unter den Schlägen des Feindes unversehrt erhalten wird, ist das Heil, welches uns JEsus Christus erworben hat. Was willst du denn thun, wenn die feurigen Pfeile fliegen, wenn deine Zuversicht wankt, wenn du dich trotz des Panzers für unbewehrt erkennst? Du kannst ja doch nichts anders, als deinen Glauben anregen, deine Zuversicht durch heilige Uebung und Andacht stärken, damit den Schild ausstrecken, der deinen Panzer verstärkt und auch deine Füße bedeckt, daß du der Gerechtigkeit dir wieder bewußt wirst, und im Getümmel des Kampfes deine Ruhe dir wieder hergestellt wird. Und wenn es dir bang wird um deine Rettung, um das Heil der Ewigkeit, was kannst du weiteres thun, als dich erinnern, daß du das Heil schon besitzest und dein Haupt freudig und fröhlich machen durch die Berufung auf schon vorhandene Gnade? Der Panzer, der Schild und Helm haben gewissermaßen einerlei Art und Natur: sie schirmen und schützen, während der Gurt von anderer Art ist, nicht schützt, sondern das Gefühl der Stärke und leichten Gang verschafft. So gehören auch in der geistlichen Waffenrüstung die Gerechtigkeit, der Glaube und das Heil zusammen. Wie der Schild und Helm den Panzer vervollständigt und ergänzt; so muß der Glaube die Gerechtigkeit halten und decken und die Hoffnung des ewigen Heiles die Zuversicht wecken, daß wir unversehrt hindurchdringen werden zum Leben. Gerechtigkeit, Glaube und Heil sind unsere Schutzwaffen: die Gerechtigkeit macht das Herz getrost, das kommende Heil hält unser Haupt aufrecht, und der Glaube hält beides durch Erinnerung der göttlichen Verheißungen fest. Dabei ist man innerlich gekräftigt durch die göttliche Wahrheit; man weiß, an welchen man glaubt und von wem unsere Gerechtigkeit und unser Heil stammt. – Es geht aber mit den bloßen Schutzwaffen für die nicht ab, die in der Welt das Evangelium des Friedens treiben; man bedarf auch eine Trutzwaffe, nemlich das Schwerdt des Geistes, welches ist das Wort Gottes. Das Wort ist Verheißung und schafft den Glauben, gibt Evangelium, Bereitschaft es zu treiben, und großen Frieden; aber es ist auch Waffe, es gibt die Angriffswaffe, es liefert die Pfeile, es schafft die Mittel, das Reich des Teufels zu überwältigen und zu stürzen. So wie der kein Kriegsmann ist, der sich in vollen Waffen hinstellt und den Angriff des Feindes erleidet; so wie ein jeder Kriegsmann sich ganz notwendig wehren, ja angreifen muß, so müßen auch die Bekenner des Evangeliums, die in der Bereitschaft stehen, den Frieden zu predigen, der in Christo JEsu ist, dulden zwar, aber nicht bloß dulden, sondern auch das Wort

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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/521&oldid=- (Version vom 1.8.2018)