Seite:Wilhelm Löhe - Lebenslauf einer heiligen Magd Gottes aus dem Pfarrstande 2 Aufl.pdf/14

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 Wie Naëmi und Ruth, also haben sich diese zwei, Schwieger und Schnur, lieb gehabt bis an’s Ende. Ich habe oftmals meine Hände segnend auf das Haupt meiner Liebsten gelegt, wenn ich sah und hörte, wie sie das Gebot, das Verheißung hat, an ihrer Schwieger ausübte. –

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 Die Zeit des Brautstandes, der nicht lange währte – vom 25. April bis 25. Juli 1837 – war mir eine heilige Zeit. Die Kinder, welche mir Gott von meiner Helene gegeben hat, haben weder in ihrem väterlichen, noch in ihrem mütterlichen Nachlaß etwas zu erwarten, das kostbarer wäre als der Briefwechsel, welchen ihre selige Mutter mit ihrem Vater als Braut geführt hat. Ich habe in der Welt solche Einfalt und Würde nie gesehen, noch gehört. Wenn mein Haus in Flammen aufgienge, wären die edlen Briefe das Kostbarste, nach dem ich zuerst griffe. Meiner Kinder Brautstand werde, wie der ihrer Eltern, dann ist’s genug. – Ich habe meine Braut in Frankfurt vor der Hochzeit acht Tage besucht. Die Bäume blühten; ich sagte, wenn ich durch die Blüthen fuhr: „Seine Verheißungen trügen nicht.“ Als die Leute sahen, daß wir nicht nach gewöhnlicher Weise mit einander umgiengen, und man mir Bemerkungen darüber machte, daß meine Braut so ferne von mir stehe, war ich vollkommen ruhig. Ich sagte: „Seine Verheißungen trügen nicht.“ Sie haben auch nicht betrogen. – Ich hatte einmal das betende Antlitz meiner Braut angesehen, ohne daß sie’s wußte. Den Anblick und die Ehrerbietung, welche er bewirkte, habe ich nie verloren. Wir haben uns geraume Zeit nicht einmal geduzt. Hernach geschah’s. Helene schrieb mir: