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über geistliche Dinge reden kann, Freunde, mit denen man Bruder ist in Christo JEsu und Glied an einem Haupte, aber am seltensten ist doch das Freundesgebet. Der Mann muß groß sein in Gottes Augen, der drei oder vier Freunde hat, in deren Gemeinschaft er sein Herz vor Gott ausschütten kann. Wohl dem, der so ist!

 Wo mehr als soviel in der Absicht freundschaftlichen Gebets zusammenkommen, ist große Gefahr der Heuchelei, der Eitelkeit, des Stolzes und einer Menge anderer Gefahren, die nicht leicht zu umgehen sind. Sollen dergleichen größere Freundeszirkel Gott wohlgefällig sein, so müssen Geistliche an der Spitze stehen, welche durch Amt und Beruf dazu befugt sind und für ihr Wirken den göttlichen Segen voraus haben. Wahren Dienern Gottes aber wird es ohnehin allemal am Herzen liegen, die verschiedenen Klassen ihrer Beichtkinder näher an sich zu ziehen und Gottes Wort recht unter sie zu teilen. Wo ohne Zuthun der Geistlichen dergleichen fürs Leben der Gläubigen nötig ist, wie ich denn gar nicht leugne, daß es Zeiten giebt, wo es nötig ist, da ist’s ein Zeichen, daß die Kirche entweder im Kranken oder Genesen, aber nicht in Gesundheit ist, es mag nun die Schuld liegen, an wem sie will.

 Der letzte Ort, den wir zu erwähnen haben, ist die Kirche. So heilig der Tempel des Alten Testaments, so heilig sind unsere Kirchen auch. Jener war ein Ort, wo Gott Seines Namens Gedächtnis gestiftet hatte, in diesen wohnt Sein Gedächtnis auch, dazu gedenkt man in den heiligen Sakramenten des Todes des Eingeborenen. Doch aber, wie jener Tempel ohne wahrhafte Anbeter nichts war, so auch unsere Kirchen. Die Kirche, wo der Name JEsu verkündigt wird und die Gemeinde sich zum Gebete sammelt, hat einen großen Segen. An ihrer Schwelle soll man alles Irdische niederlegen, hungernd und dürstend und betend nach Geist und Gnade soll man kommen, und der HErr wird finden lassen. Hier vereint sich die Menge der Christen, ein Geist soll sie beseelen, und der vorbetende Hirte soll nur seiner Schafe einmütiges