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für die Kranken und Armen zusammenzubringen wußte, konnten Weltkinder von ganz entgegengesetztem Sinn nicht anders erklären, als aus den unrechten Wegen, die etwa sie selbst betreten mußten und wollten, wenn für ihre Zwecke das nicht zulangen wollte, was sie erwarben. Nachdem Radegundis lange Zeit ihrer Herrschaft und den Armen mit gleicher Treue gedient hatte, fand sie ein Ende, das ihrer würdig war. Auf ihrem Wege zum Siechenhause mußte sie durch ein Gehölz gehen, und da war es, wo sie einstmals von zwei hungernden Wölfen angefallen und tödlich verwundet wurde. Da sie zur rechten Zeit nicht wieder heimkehrte, mußten sie die Schloßknechte suchen, fanden sie im Wald in ihrem Blute, trugen sie nach Wellenburg, und da starb sie am dritten Tage, durch Gottes Wort und Sakrament getröstet und erfreut. Ihre Herrschaft begrub ihren Leichnam neben dem Siechenhause und erbaute über ihrem Grabe eine Kapelle, an deren Stelle hernachmals eine Kirche entstand. So feiert die Kirche das Gedächtnis einer Dienstmagd, welche die große Kunst verstand, mit einem strengen Berufe die freie Liebesarbeit zu vereinen, die Jesus Christus

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/232&oldid=- (Version vom 9.10.2016)