Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/47

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Friedfertige! Der sprach freiwillig: „Siehe, ich komme, im Buche steht vornehmlich von mir geschrieben, daß ich thun soll, Gott, Deinen Willen; Brandopfer und Sündopfer gefallen Dir nicht, den Leib aber, den Opferleib hast du mir zubereitet.“ Hebr. 10, 5–7. Ps. 40, 7–9. Der Sohn, der in des Vaters Schooße lag von Ewigkeit, legte Seine Herrlichkeit an der Thür des Himmels nieder, die Herrlichkeit, welche Er hatte bei dem Vater, ehe die Welt war, und nahm Knechtsgestalt an im Leibe einer Jungfrau, ward geboren wie andere Menschenkinder, genährt an der Brust seiner Mutter, lag auf Heu in der Krippe, lernte Gehorsam und Verläugnung, Niedrigkeit und Demuth, und erfüllte bis zu Seinem letzten Hauche das Gesetz Gottes ohne Tadel, also daß sogar das Auge des Hassers und des Neiders, ja das Auge des allerheiligsten Gottes an Ihm keinen Fehl aufzufinden vermochte. Dieser Gottessohn, vor dem selbst im Stande Seiner Niedrigkeit die Winde schwiegen, und die Wellen sich legten, welcher, da schon Seine Seele betrübt war bis in den Tod, und Er bereits nicht einem Menschen, sondern einem Wurme gleich war, mit einem einzigen Worte Seine Feinde und Häscher zu Boden warf, mit Schrecken verborgener Majestät: – Der ward von Angst des Todes so übernommen, daß Ihm am Oelberge Blut statt Schweißes vom Angesichte floß. – Von Mördern gebunden, von Leuten, die dem ewigen Gericht anheim gefallen waren, verdammt, von Heiden gekreuzigt, schüttete er all sein Blut am Kreuz heraus, wie Wasser, durch die Wunden Seiner Hände und Seiner Füße, auf daß Er alle unsere Feindschaft mit Gott am Marterpfahle tilgete. Da Er am Kreuz erhöhet war, war Sein erstes Wort vom Kreuze die hohepriesterliche Fürbitte um unsere Versöhnung: „Vater, vergieb ihnen, sie wissen nicht, was sie thun.“ Dieser Bitte Gewährung uns zu verschaffen, unterzog Er sich selbst, der Allgewaltige, dem Gericht des ewigen Todes. Schwer kämpfte Er, in höchster Seelenangst