Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/97

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bei Königen und bei Tagelöhnern klopft Er an; denn sie sind alle Sünder, und Er will zu allen Sündern eingehen, und Abendmahl mit ihnen halten. Aber sanft ist Er, Brüder, so sanft, so klein, daß Er sich auch abweisen läßt. Er klopft überall, und wer Ihm nicht aufthut, von dessen Thüre geht Er weg. Zwar kommt Er öfter wieder, aber je öfter Er abgewiesen wird, desto seltener wird Sein Klopfen vernommen, und endlich nicht mehr. Man kann Ihn so abweisen, daß Er nicht mehr wiederkommt. Die Erfahrung sagt es – ha erschrecket! Abweisen – Ihn, den König aller Könige, welch’ ein Frevel! Ihn, den Heiland aller Sünder, den für uns Geopferten, für uns Auferstandenen, den ewigen Fürsprecher bei dem Vater! Welch’ eine Thorheit, welch’ ein Verbrechen an der eignen Seele! Ihn abweisen! Zittert, Brüder! ladet Ihn viel lieber allezeit ein, auf daß Er ja nicht vor euch vorübergehe, auf daß Er zu euch komme. Denn wohin Er kommt, da ist Sein Reich, d. i. Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist!

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 Ihr sprecht: „Wer sollte Ihn abweisen! Wir wollen Ihn nicht abweisen. Aber sag’ uns nur: meinst du denn wirklich, daß Er selbst, Er in höchsteigener Person zu uns komme, wie wir zu einem Freunde: so wahrhaftig, so gewiß? Meinst du es so?“ Antwort: ja, meine Brüder, so mein’ ich’s, und ich mein’ es nicht blos, sondern ich weiß es gewiß, und nicht allein ich sag’ es (denn was könnte ich von mir selber wissen oder sagen?), Er selbst sagt es. Die Offenbarung Johannis ist doch wohl nach der Himmelfahrt geschrieben, da der Herr auf Erden bereits so unsichtbar geworden war, als jetzt: und doch kam Er auf wunderbare Weise zu Johannes und befahl ihm, einer damals lebenden Gemeinde zu schreiben: „Siehe, Ich stehe vor der Thür und klopfe an. So jemand Meine Stimmen hören wird, zu dem werde Ich eingehen, und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit Mir.“ Und Joh. 14, 23 verhieß