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ersten Kleinkinderlehrerinnen war Luise Scheppler.“ – S. Erziehung und Beschäftigung kleiner Kinder in Kleinkinderschulen und Familien von J. Fr. Ranke, p. 188 der 2. Aufl. – „Seit dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts sind in vielen Ländern, besonders in Deutschland, England und Frankreich eine Menge von Anstalten gegründet worden, deren gemeinschaftliche Tendenz es ist, jüngere, noch nicht schulpflichtige Kinder zu beaufsichtigen, zu pflegen etc.“ S. Schmid’s Encyclopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens III. p. 30.[1]


III.

 Ein Volk, unter welchem, wie z. B. in Norwegen, die Eltern die Kinder selbst unterrichten und unterrichten können, steht in der Bildung weit höher als ein solches, in welchem alle Lehre und aller Unterricht Sache eines besonderen Standes wird. Bei uns ist es bereits dahin gekommen, daß wir froh sein müssen, einen besondern Lehrerstand zu haben, weil die Unnatur unseres Lebens es vielen Eltern nicht gestattet zu lehren, und vielen unmöglich macht, auch nur die Fähigkeit dazu zu erwerben, ja, alle Lust dazu erstickt. Gäbe es keinen besondern Lehrerstand, so würde bei unsern Verhältnissen die Jugend ohne allen Unterricht aufwachsen. Da nun die Unnatur des Lebens immer zunimmt, so wird es nicht blos den Vätern, sondern auch den Müttern immer mehr zur Unmöglichkeit, ihre Kinder auch nur in den ersten Lebensjahren selbst zu unterrichten, oder auch nur zu erziehen. In Frankreich ist es vielen Müttern nicht einmal mehr möglich, die Säuglinge und jüngsten Kinder zu bedienen und zu ziehen; daher wurde es in der neuen


  1. Wenn zur Zeit unserer Väter, schon im vorigen Jahrhundert Privatschulen für Kinder gehalten wurden, die noch nicht in die öffentlichen Schulen, die es in den Städten gab, giengen; so hatte man sich eben über das Alter der Schulfähigkeit noch nicht geeinigt, und die Eltern wollten einfach der Noth enthoben sein, ihre Kinder beständig beaufsichtigen zu müssen. Sie wollten sie aus den Füßen haben; darum gab man sie der Mamsell X. oder Y., bis sie in die Schule kamen.
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Wilhelm Löhe: Von Kleinkinderschulen. Gottfried Löhe, Nürnberg 1868, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Von_Kleinkinderschulen.pdf/8&oldid=- (Version vom 8.8.2016)