Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/144

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ungebühr. Ebenso bezeichnet er es auch als einen Mangel der lutherischen Kirche, daß ihr das Verständnis für Zweck und Bedeutung der sogenannten „Benedictionen“ fast ganz abhanden gekommen sei. Man habe in der Reformationszeit im erklärlichen und berechtigten Gegensatz gegen das unwürdige und kindische Ceremonienspiel der römischen Kirche etwas zu rasch zugefahren und das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Es lasse sich nicht Alles was Benediction heiße unbesehen in „den Gäukelsack des Papstes“ (Art. Smalc. III, p. 15) werfen. Es werde da auch gehen wie mit dem kanonischen Recht, das Luther anfangs verbrannt und hernach studiert habe. Wenn nach 1. Tim. 4, 4. 5 der Christ Recht und Pflicht habe, alle Kreatur durch Gottes Wort und Gebet zu heiligen, so sei es gewis nur eine Forderung der Schicklichkeit, daß Alles was zum gottesdienstlichen Brauch dienen solle, auf diese Weise geweiht und geheiligt werde. Es sei doch ein Mangel an Form, wenn man z. B. eine neue Kirche ebenso einweihen, wolle wie einen neuen Rock, nämlich einfach durch den erstmaligen Gebrauch.

.

 Doch wir wollen, um unnötige Weitschweifigkeit zu vermeiden, hier auf die herrliche Einleitung zu Löhe’s Hausbuch II. Theil, p. 1–108 verweisen und nur noch erwähnen, daß Löhe dem von ihm gerügten Mangel der lutherischen Liturgie durch selbständige, schöpferische Versuche unter Benutzung alter Muster abzuhelfen trachtete. Es liegt eine Reihe bei verschiedenen Anlässen von Löhe ausgearbeiteter Benedictionsformulare vor, die bei einer in Aussicht stehenden neuen Auflage seiner Agende der Würdigung Sachverständiger dargeboten werden können. Kommen diese Versuche zur Veröffentlichung, so werden sie den Beweis liefern, wie ernst Löhe bei der Benutzung und Bearbeitung der liturgischen Schätze der römischen und griechischen Kirche den reformatorischen Standpunct zu

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/144&oldid=- (Version vom 1.8.2018)