Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/166

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in den kirchlichen Aemtern, die er begleitete, manchmal nicht sehr willig und freundlich gezeigt hatte. In Anbetracht dessen sagte ich zu ihm, er möchte meine Abkündigung nicht falsch auffassen; es sei meine Meinung gar nicht gewesen, die allgemeine Beichte ganz zu verdrängen und etwa nur Privatbeichte einzuführen; es solle einem Jeden ganz sein freier Wille gelassen sein; ich müsse nur wünschen, daß auch die Privatbeichte wieder in Gebrauch und zu Ehren käme. Darauf schlug der Alte mit der Faust auf seine Brust und rief mit strömenden Thränen: ,Ich habe Sie bei der Abkündigung schon verstanden, aber ich will beichten.‘ Der zweite, welcher zur Beichte kam, war ein Mann, der, wo nicht der älteste, doch einer der ältesten in der Gemeinde war. Er legte seine Beichte ab, und als ich ihn absolviert hatte, küßte er mir freudenvoll die Hände dafür, daß er nun wieder absolviert sei, wie in seiner Jugend. So kam nun eins nach dem andern; wenige Beichttage reichten hin, so konnte man bereits merken, daß die Privatbeichte die herrschende in der Pfarrei werden würde. Nicht blos alle christlich erweckten, sondern überhaupt alle solideren und angeseheneren Leute machten den Vorgang, und so sehr folgte gleich anfangs die ganze Menge nach, daß zur allgemeinen Beichte sich nur Wenige, nicht der zehnte Theil der Beichtenden hielten. Es lag auch für den Seelsorger auf platter Hand, warum diese dem allgemeinen Zuge widerstrebten. So hielt ich denn von nun an immer Privatbeichte, dann Vesper, und nach der Vesper die allgemeine Beichte. Da kam es manchmal vor, daß hundert oder Hunderte von Beichtkindern privatim beichteten, und nur ein, zwei oder drei Beichtkinder zur allgemeinen Beichte kamen.

.

 Das war nun allerdings ein Erfolg, aber nicht der, welchen ich wünschte, denn bei weitem die größte Zahl der Beichtkinder beichtete mit Formeln, und ich mußte nun ebenso

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/166&oldid=- (Version vom 1.8.2018)