Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/185

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Pfarrkinder aber widerlegen ihn jedenfalls völlig. Wo es galt, Angefochtene, Kranke und Sterbende mit Trost aus Gottes Wort zu bedienen, da war diese Lehre bei ihm Königin. Er predigte sie auch den Lebenden und Gesunden als den einzigen Grund ihrer Ruhe und ihres Friedens, so oft sich ihm dazu Veranlassung und Gelegenheit bot. Ich erinnere mich, um ein Beispiel von vielen anzuführen, einer Leichenpredigt, die gerade auf den Nachmittag eines Reformationsfestes fiel, in welcher er auf Grund von Römer 4, 1 ff. die Frage beantwortete, was von dem landläufigen Sprüchwort zu halten sei: Lutherisch ist gut leben und katholisch ist gut sterben. Er stellte diesem Sprüchwort, dessen Wahrheit er bestritt, die Behauptung entgegen, daß der lutherische Christ, der im Glauben an die Gnade der Rechtfertigung stehe, ebenso selig im Leben wie im Sterben sei; im Leben, weil er, erlöst von dem Wahn der Verdienstlichkeit der guten Werke und seines durch Christum erworbenen Heiles gewiß, ohne Angst und Aufregung ruhig und kräftig seiner Heiligung nachjagen könne; im Sterben, weil die Mängel seiner Heiligung und die Unvollkommenheit seiner Werke ihn nicht zu ängstigen, kein Truggebilde eines Fegfeuers ihn zu schrecken vermöge etc.

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 Wer solchen Todestrost empfieng und gläubig ergreifen konnte, der mochte wol leicht und ruhig sterben. Und die Sterbenden dahin zu fördern, daß sie getrost, ja fröhlich dem Tode entgegengiengen, dieser Triumph aller Krankenseelsorge, ward Löhe oft verliehen. „Wer fröhlich sterben kann – sagte er einmal in einer Leichenpredigt, der kann viel; wer’s lehrt, der lehrt das Beste. Das ist herrliche Probe gelungener Amtsführung eines Seelsorgers, wenn es heißt: Bei dem stirbt man gerne.“ Bei ihm war es so. Unter seinem Zuspruch, seinen Gebeten und Segnungen wuchs den Sterbenden der Todesmut und die Todesfreudigkeit. Wer ihn je an Sterbebetten seines Amtes hat warten

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/185&oldid=- (Version vom 1.8.2018)