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vorigen Sommer besucht hast. Ich hoffe, sie ist zu Gnaden angekommen. Sie hat ihre Sünden wie eine schwere Last gespürt und konnte meines Zuspruchs nicht genug bekommen. Erst vorigen Sonnabend am frühen Morgen mußte ich in tiefem Schnee bis an die Kniee zu ihr hinabwaten, aber ich freute mich; es war über dem diamantenen Schnee ein rosiges Morgenlicht ausgebreitet, daß ich immer dazwischen denken mußte: ich gehe gern. Die F. meinte: „auf den Frühling, Herr Pfarrer, da können Sie öfter kommen, dann wollen wir uns unterhalten.“ Ich war ihr immer zu faul in der Seelsorge. Ihr kleines Mädchen sah einen schönen, glänzenden Mann vor dem Bette stehen, in dem sie mit der kranken Mutter lag. Diese sagte: „Das ist der HErr Christus, der bald Deine Mutter holt.“ Aber daß die Zeit so nahe, das dachte die F. nicht. Am Montag ließ sie sich über ihre Stube führen, legte sich, im Legen berührte sie Gottes Hand, sie lag bewußtlos bis zum Mittwoch morgen und entschlief. – Ich freute mich, daß ich von Hoffnung des ewigen Lebens reden konnte. Es war eine große Leiche, ich hatte einige sehr aufmerksame Zuhörer, die vielleicht etwas Speise des ewigen Lebens mit fortnahmen. Mein Thema war: „Ueber die Gewißheit eines andern Lebens und was aus dieser Gewißheit geschlossen werden muß.“ Beiläufig: Ein wackerer, frommer Kranker ist durch des HErrn Gnade vom Krankenbette auferstanden, der, bei dem ich in der Neujahrsnacht war.

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 20. Febr. 1841... Es ist heute ein schöner und ein ernster Tag. Ein schöner Tag; ich hab’ es gesehen, als ich heute Morgens 7 Uhr über schmelzende Eisflötze nach Haag und wieder heim gieng. Die Sonne schien freundlich und löste das krachende Eis von seinen Banden, zwei, drei Lerchen schwirrten und trillerten um mich und brachten das längst ersehnte Lied, die Weissagung des zeitlichen und ewigen Frühlings, welcher doch einmal kommen

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/189&oldid=- (Version vom 1.8.2018)