Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/213

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Weib oder einem Schäfer oder sonst wem, der „etwas kann“, und hilft das nicht, so geht man zum katholischen Geistlichen, der den Leuten etwa ein Amulet umhängt, und erst, wenn das alles erfolglos geblieben ist, dann sucht man vielleicht den Arzt. Der genannte Jüngling hatte schon alle diese Curen durchgemacht, er hatte weit und breit alle, die im Ruf standen etwas zu können, gut bezahlt und ihre Ratschläge treulich befolgt, er hatte auch Aerzte gebraucht, allein ohne Erfolg; es war Jahr und Tag vergangen, ohne daß er nur die geringste Arbeit vollbringen konnte, und da er wie der Knabe im Evangelium „oft in’s Feuer und Wasser geworfen wurde“, so konnte er nicht allein gelassen werden und war nicht nur selbst sehr geplagt, sondern auch eine Plage der Seinen. Gegen die benannten Hilfsmittel hatte die aus ihm sprechende Stimme nichts einzuwenden gehabt, und er hatte allenthalben hin gehen oder fahren können ohne Widerstand. Als eines Tages einige Bekannte den Rat ertheilten, man solle den jungen Menschen nach Neuendettelsau zu Löhe bringen, und erzählten, daß auf dessen Gebet hin so viele von ihrer Plage geheilt worden seien, erklärte der Kranke selbst, daß er gerne dorthin wolle; alsbald aber erhob sich die mit schauerlichen Tonen aus ihm sprechende Stimme: „Nach Dettelsau mag ich nicht, überall hin geh ich, aber zu dem Pfaffen in Dettelsau geh ich nicht, das ist der Allerpfiffigste, der soll mir Ruhe lassen“. Der Bursche hingegen erklärte in ruhigen Momenten, daß er sich sehne, baldmöglichst nach Dettelsau zu kommen. Die Angehörigen wollten sich auch aufmachen nach Neuendettelsau zu gehen, allein es war unmöglich, der arme Mensch wurde geworfen und fürchterlich gequält. Nachdem mehrere Versuche, den Weg nach Neuendettelsau zu Fuß zurück zu legen, vereitelt worden waren, entschloß man sich, dorthin zu fahren.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)