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 An dem Familienleben des Löhe’schen Hauses nahmen jezuweilen auch die Mütter der beiden Ehegatten Theil. Löhe’s Mutter brachte in der Regel einen Theil des Sommers bei ihrem Sohne zu. Dieser rechnete sich ihren Besuch stets zur Freude und zur Ehre. Helenens Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter war ein Verhältnis ungeheuchelter Achtung und Liebe. Sie spricht von ihr nie anders als von der „Frau Mutter“. „Wie Naëmi und Ruth“ – sagt Löhe in dem Lebenslauf seiner Gattin – „haben sich diese zwei, Schwieger und Schnur, lieb gehabt bis ans Ende. Ich habe oftmals meine Hände segnend auf das Haupt meiner Liebsten gelegt, wenn ich sah und hörte, wie sie das Gebot, das Verheißung hat, an ihrer Schwieger ausübte.“

 Nicht so regelmäßig, dann aber immer auf längere Zeit, war Helenens Mutter ein Gast im Hause ihrer Kinder. Die Landluft war ihren leidenden Nerven sehr zuträglich, die Teilnahme an dem Glück ihrer Kinder heiterte ihr von Schwermut oft umdüstertes Gemüt wohlthätig auf, und vor allem fand sie, was sie am meisten suchte, im Umgang mit ihrem Schwiegersohn und in der Theilnahme an dem gottesdienstlichen Leben Dettelsau’s: Arzenei und Erquickung für ihre zu Zeiten schwer gedrückte Seele. Hier gieng sie auch im Jahre 1843 nach kurzem Krankenlager zu ihres Heilands Ruhe und Freude ein.

 In Folge ihres bei jedem Besuche länger andauernden Aufenthalts im Löhe’schen Hause fühlte sie sich mit demselben so innig verwachsen, daß es ihr Bedürfnis war, mit ihren Dettelsauer Kindern im lebendigsten geistigen Zusammenhang zu bleiben. So wurde denn ein reger brieflicher Verkehr gepflogen, durch welchen sie von allem, was in Dettelsau vorgieng, gleichsam auf dem Laufenden erhalten wurde. Scherzend legte Löhe einmal für sie eine Art von Tagebuch des Dettelsauer Pfarrhauses

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)