Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/312

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zu bemerken, daß die Denkschrift zunächst nur das zur Diskussion gestellte Votum eines Einzelnen sei, und daß die Teilnehmer an jener Konferenz sich wegen ihres definitiven Entschlusses vier Wochen Bedenkzeit genommen hätten, so erregte die Broschüre großes Aufsehen und wurde allgemein als die Ankündigung des unmittelbar bevorstehenden Austritts Löhes und seiner Gesinnungsgenossen aufgefaßt. Von verschiedenen Seiten her erhielt Löhe Briefe, die dringend von dem Austritt aus der bayrischen Landeskirche abmahnten. Die Professoren Hofmann und Thomasius in Erlangen und Delitzsch in Rostock schrieben in diesem Sinne an ihn. Der Erstgenannte sagt in seinem Briefe unter anderm: „Du willst eine Gemeinde bilden, welche des christlich-lutherischen Namens würdig sei. Zu dem Ende scheidest Du mit andern aus derjenigen Gemeinschaft aus, welche bis jetzt christlich-lutherisch heißt, und machst einen neuen Anfang neben ihr. Auf solche Weise ist aber weder die christliche, noch die lutherische Kirche entstanden. Die Jünger des HErrn zu Jerusalem blieben in der Tempelgemeinde, und wo immer das Wort von dem Gekreuzigten sich eine Stätte suchte, da wandte es sich vor allem an die Synagoge. Noch als Paulus, welcher doch längst erkannt hatte, daß das Reich Gottes zu den Heiden sich übersiedeln wolle, und welcher sich gerade hiefür vom HErrn begnadet wußte, in den Banden, in welche ihn die Feindschaft der Juden gegen sein Evangelium gebracht hatte, nach Rom kam, wo doch schon Gemeinden des Namens Jesu bestanden, machte er einen letzten Versuch, die Synagoge zur Stätte dieses Namens zu machen und also die neben ihr entstandenen Gemeinden desselben in die Gemeinschaft des alttestamentlichen Israel einzupflanzen. Und daß es Luther, als er die Kirche erneuerte, auch nicht anders gehalten, brauche ich nicht zu erinnern... Die Erneuerung der verderbten christlich-lutherischen Kirche will also in der Art geschehen, daß innerhalb derselben, nicht neben ihr ein Anfang richtigen Gemeindelebens gemacht

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/312&oldid=- (Version vom 1.8.2018)