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Kreis- und Stadtgerichtsassessor Hommel, in der Sache einnahm. Er bestritt in einem Anfangs 1850 erschienenen Schriftchen: Die wahre Gestalt der bayerischen Landeskirche etc. den Rechtsbestand der lutherischen Kirche in Bayern, indem er hauptsächlich aus der Thatsache, daß im Jahre 1808 alle einzelnen protestantischen Kirchengemeinden in Bayern zu einer „protestantischen Gesamtgemeinde“ vereinigt wurden, sowie aus der verfassungsmäßigen Bestimmung, daß dem Oberkonsistorium immer auch ein Rat reformierter Religion angehören solle, seine Schlüsse zog. In einer späteren Phase des kirchlichen Kampfes, als der Bruch mit der Landeskirche unvermeidlich schien, stellte sich Löhe selbst zeitweilig auf diesen Standpunkt, kehrte jedoch bald wieder zu seiner früheren – zwischen Kraußolds und Hommels Behauptung die Mitte haltenden – Ansicht zurück, daß der Rechtsbestand der lutherischen Kirche in Bayern mindestens zweifelhaft und in utramque partem disputabel sei. Diese letztere Anschauung teilte auch Professor v. Scheurl, der aber eben aus dem Umstand, daß die Bestimmungen der Verfassung in einem für den Rechtsbestand der lutherischen Kirche günstigen Sinn ausgelegt werden konnten, den Schluß zog, daß man mit gutem Gewissen in der bayerischen Landeskirche bleiben könne und nur auf konfessionelle Bereinigung der Verhältnisse und Erzielung stärkerer Garantieen für den rechtlichen Bestand der lutherischen Kirche bedacht sein müsse. Er entwickelte diese Anschauungen in einer Reihe von Briefen an Löhe, deren Hauptinhalt wir wegen der heutiges Tages noch aktuellen Wichtigkeit der Sache kurz herausheben.

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 Scheurl geht von dem Satz aus, daß man keine Nötigung habe aus einer Landeskirche auszuscheiden, so lange das Bekenntnis der Gesamtheit als solcher rein sei und man nicht, um in ihr geduldet zu werden, selber mitsündigen müsse. Der Rechtsbestand einer Kirche als lutherischer könne nicht anders aufgehoben werden als durch einen ausdrücklichen Akt der Kirchengesetzgebung. Der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/347&oldid=- (Version vom 1.8.2018)