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daß die so hart angefochtenen Erlasse auf der Grundlage des lutherischen Bekenntnisses ruhten und also kein Grund vorliege, das Oberkonsistorium einer unkirchlichen Agitation zum Opfer fallen zu lassen. In seiner Milde jedoch gab er die Zusage, eine abermalige Prüfung der noch nicht durch die Generalsynode und seine eigene Sanktion gefestigten Erlasse der obersten Kirchenbehörde anbefehlen zu wollen. In folge dessen trat eine gewisse Beruhigung der Geister ein. So fand die Generalsynode von 1857, welche getrennt für die beiden Konsistorialbezirke in Ansbach und Bayreuth abgehalten wurde, die Lage der Dinge.

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 Wenn nun auch die Flut dieser widerchristlichen Bewegung bald wieder zurückgieng, so hatte sie doch häßlichen Unrat genug an den Strand geschwemmt und vor jedermanns Augen bloßgelegt. Es offenbarte sich in ihr ein innerer Bruch großer Massen mit dem Christentum, von dessen Ausdehnung man vorher keine Vorstellung gehabt hatte. Dennoch war es zu keiner äußeren Lossagung dieser Massen oder auch nur ihrer Führer von der Kirche gekommen. Im Gegenteil, die Feinde der Kirche nahmen nach wie vor Bürgerrecht im Heiligtum in Anspruch und gebärdeten sich als „die Kirche“, und ihre Häupter saßen, trotz offener Leugnung konfessioneller ja gemeinchristlicher Lehren, namentlich in Städten vielfach sogar im Gemeindekirchenvorstand. Von Maßregeln der Zucht gegen diese inkonsequenter Weise in dem äußeren Verband der Kirche zurückgebliebenen Massen oder wenigstens gegen die Stimmführer war nirgends etwas zu sehen. Löhe und seine Gesinnungsgenossen, die um des Gewissens willen schon gegen die Abendmahlsgemeinschaft mit Reformierten und Unierten protestiert hatten, fühlten sich noch weit mehr beschwert bei dem Gedanken, mit solchen offenbar gewordenen „Antichristen“ Ein kirchliches Ganzes bilden, also auch in Sakramentsgemeinschaft treten zu sollen. Löhe sah nunmehr die einzige Möglichkeit des Verbleibens in der Landeskirche in der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/442&oldid=- (Version vom 1.8.2018)